Samstag, 9. Februar 2019

Museum Koenig 

oder

die Nachwehen der Humboldt- Biografie

 


In meinem letzten Post hatte ich angekündigt ab jetzt Käfer sammeln zu wollen, inspiriert durch das Buch Alexander von Humboldt und die Entdeckung der Natur von Andrea Wulf. Diese Idee stieß daheim nicht unbedingt auf Gegenliebe, außerdem ist es im Moment einfach zu kalt für Käfer. Weil ich aber trotzdem auf den Spuren der großen Naturforscher wandeln wollte, fuhr ich nach Bonn zu einem Besuch des Naturkundemuseums Koenig.

Der große Saal im Erdgeschoss: Hier trat der Parlemantarische Rat der Bundesrepublik zum ersten Mal zusammen. Die beiden Giraffen im Hintergrund waren zu groß, um entfernt zu werden, deswegen mußten sie mit Tüchern abgedeckt werden.


Wildschwein- Diorama

In diesem Museum gibt es Tierpräparate aus aller Welt zu bestaunen. Sie werden in thematisch geordneten Vitrinen oder in sogenannten Dioramen ausgestellt. Ein Diorama ist ein lebensgroßer Schaukasten, in dem eine Szene so lebensecht wie möglich dargestellt wird. Der aufwändig ausgemalte Hintergrund ist häufig halbkreisfömig, um mehr Tiefe zu erzeugen. Und sie sind eine tolle Sache, wenn man in Ruhe zeichnen möchte.



Das Museum wurde gegründet durch Alexander Koenig (1858- 1940), dem Sohn eines aus St. Petersburg ausgewanderten Zuckerfabrikanten. Die Familie erwarb in Bonn die Villa Hammerschmidt (heute bekannt als der ehemailige Wohnsitz des Bundespräsidenten). Alexander begann sich schon im Gymnasium für das Sammeln von Tierpräparaten zu interessieren. Er studierte Zoologie und machte seinen Doktor in Marburg. Nach seiner Habilitation lehrte er seit 1894 an der Philosophischen Fakultät in Bonn. Mit seiner Frau Margarethe unternahm er zahlreiche Forschungsreisen, von denen er umfangreiche Proben mitbrachte.

Bäreninsel- Diorama

Rotwild- Diorama

Relativ schnell wurde ihm klar, dass sein eigenes Haus für seine Sammlungen nicht ausreichte. 1912 wurde der Grundstein für Koenigs Museum gelegt. Doch schon viel zu bald kam ihm der Erste Weltkrieg in die Quere. Das Militär funktionierte das Gebäude zu einer Kaserne um, Koenig verlor durch die Inflation beinahe sein gesamtes Vermögen. 1929 gelang es ihm, das Deutsche Reich zur Übernahme des Naturkundemuseums zu bewegen, 1934 konnte es endlich eröffnet werden. 

Das Skelett eines prähistorischen Riesenhirsches: das Ding ist riesig! Wenn man daneben steht und die Schatten an der Wand sieht, hat man einen kurzen Game-of-Thrones-Moment, womit auch erklärt wird, woher die Setdesigner ihre Ideen haben.

Während des Zweiten Weltkriegs beherbergte es die Bonner Luftschutzzentrale, nach seiner Schließung 1943 leitete Margarethe Koenig ein Lazarett in den Räumen des Museums. So konnte sie dafür sorgen, dass die in den Keller ausgelagerte Sammlung erhalten blieb, und wahrscheinlich war das Lazarett auch der Grund dafür, dass das Gebäude weitestgehend unbeschädigt blieb (neben der Tatsache, dass Margarethe den Quellen nach Haare auf den Zähnen hatte).

Schon allein das Gebäude lohnt einen Besuch.

Hinter dieser Tür liegt der Sitzungssaal, in dem zum ersten Mal das Nationale Olympische Kommitee zusammentrat. Heute dient er der Musuemspädagogik als Vortragssaal.

Eben wegen seiner Unversehrtheit kam jetzt der große historische Auftritt: am 1. September 1948 trat im Erdgeschoßsaal der Parlamentarische Rat der neuen Bundesrepublik zum ersten Mal zusammen. In der Folge war das Museum 1949 unter Adenauer Bundeskanzleramt, bis 1950 beherbergte es verschiedene Ministerien, bevor es endlich wieder für die Öffentlichkeit freigegeben werden konnte.


Nil- Diorama

Heute ist es unter anderem ein Forschungszentrum für die Artenvielfalt der Tiere. Es wird viel für die Museumspädagogik getan, und vor allem: die Mitarbeiter sind wahnsinnig nett. Ich war selten in einer Ausstellung, in der eine so freundliche, relaxte Atmospäre herrschte. Die meisten Besucher kommen mit sehr kleinen Kindern (wie im Zoo, nur drinnen), aber die Angestellten haben Nerven wie Drahtseile, auch wenn ständig einer brüllt und es ab und zu verdächtig knallt. 

Als ich die Nilpferde zeichnete, kamen zwei Großväter und eine Großmutter mit ihren Enkeln vorbei. Sie blieben vor Affenvitrine stehen und begannen eine Diskussion über Schimpansen, bis eins der Kinder fragte: "Hat der auch einen Penis?" Mir fiel fast der Stift aus der Hand, weil ich so lachen musste. Deswegen haben die Nilpferde auch rosa Wangen.

Man kann einen sehr entspannten Vormittag hier verbringen, wenn gerade keine Schulklasse durch das Gebäude streift. Der Cafébereich im 1. Stock ist zu den Ausstellungsräumen offen, deswegen riecht es ab 11.00 Uhr nach lecker Essen. Zur Zeit kann man sich eine sehr schön präsentierte Ausstellung über die Geschichte der Erde ansehen, die ich ausgesprochen interessant fand. Und man eignet sich einfach so nebenbei jede Menge unnützes, aber beeindruckendes Wissen an (z.B. über die Form der Pinguineier).






Man könnte also auch sagen, dass es hier alles unter einem Dach gibt: Biologie, Geschichte und etwas zum Naschen!
 ZMFK, Das Zoologische Forschungsmuseum König
Adenauerallee 160, Bonn

P.S.: Für diejenigen, die mit dem Auto kommen: es gibt absolut keine Parkplätze, auch in der nahen Umgebung nicht. Am besten stellt man sein Auto im Parkhaus der Museumsmeile auf der Emil- Nolde- Straße ab, alles andere nervt und kann teuer werden. Oder man fährt ÖPNV.

P.P.S.: 
Ein Beispiel für die skurrilen Geschichten, die das Museum präsentiert:


1993 erwarb die Kantine des Bundesinnenministeriums einen drei Meter langen Stör, der vor Helgoland gefangen worden war. Die Mitarbeiter des Museums baten darum, den Kopf und die Haut des Tieres untersuchen zu dürfen. Es stellte sich heraus, dass es sich um den letzten Stör seiner Art gehandelt hatte. Die Tiere hatten schon seit längerer Zeit auf der Roten Liste der bedrohten Arten gestanden. Der konservierte Kopf ist heute im Museum Koenig ausgestellt.



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