Donnerstag, 30. Mai 2019


Roland Garros

 Ein Mal Grand Slam und zurück


(Man könnte einen Teil dieses Postes als Werbung auffassen, wenn man unbedingt will- muss man aber nicht.) 
 
Der beste Ehemann von allen ist nicht nur ein Sportler, er ist die erweiterte Form davon. Er liebt Tennis. Er spielt selber, ist Sportwart in einem winzigen Club, sieht sich Bundesliga- Spiele in Köln, Düsseldorf oder Neuss an, feuert seine Töchter bei ihren Spielen in der untersten Spielklasse das Damen an und sieht Tennismatches im Fernsehen so lange, bis der Flatscreen qualmt.
Als ich letztes Weihnachten wieder einmal vor der Frage stand, was ich ihm schenken sollte, hatte ich eine Eingebung wahrscheinlich göttlichen Ursprungs. Ich bestellte Karten für die French Open in Paris. Jetzt muß man dazu sagen, dass wir im Rheinland wohnen. Paris ist für uns in etwas mehr als fünf Stunden zu erreichen, also kein Vergleich zu London oder New York.


Schon allein Karten besorgen ist ein Abenteuer. Man kann sie vorab in der Regel nur über Ticketservices bestellen, denen man für eine Karte auf den freien Plätzen ungefähr 100 Euro überweist und dann hofft, dass es auch wirklich klappt. Die Plätze in den Stadien, in denen die Stars spielen, sind praktisch unerschwinglich. Etwa eine Woche vor Turnierbeginn bekommt man einen Voucher zugeschickt, den man an dem Tag, den man gebucht hat, im Stadion in eine Eintrittskarte eintauscht. Mit dieser Karte und dem Personalausweis kommt man endlich auf die Plätze. Uff!
Unsere Karten galten für den Eröffnungssonntag, deswegen wollten wir samstags nach Paris fahren, einmal übernachten und Sonntagabend wieder zurück. Erst haben wir überlegt, ein Hotel zu buchen, aber mein GöGa fand zufällig etwas wirklich Geniales:
Das Stadion Roland Garros liegt am Rand des Bois de Bolougne im 16ten arrondisément, und dort gibt es tatsächlich am Ufer der Seine einen Campingplatz. Der ist nicht nur toll gelegen, sondern auch richtig schön. Da ich ja Fuchs bin, reservierte ich einen Stellplatz für Wanda, unseren VW- Bus, weil ich mir dachte, der Platz würde voll werden. Das war aber nicht der Fall.
(Der Campingplatz heißt Camping de Paris und hat eine aussagekräftige Homepage. Ich kann ihn auch für Paris- Sightseeing empfehlen, die Anbindung an den ÖPNV ist hervorragend. Außerdem ist es abends schön ruhig, was nicht übel ist, wenn man den ganzen Tag durch die Stadt gelatscht ist. Zu teuer ist es auch nicht.)


Wir kamen Samstagmittag an, ließen Wanda auf dem Campingplatz und machten uns auf den Weg ins Städtchen. Paris ist schön, laut und voller Menschen. Was mir aufgefallen ist: Es scheint zur Zeit Mode zu sein, sich für Städtereisen in Schale zu werden (s. links unten). Das kann man natürlich machen, aber mir graust es bei der Vorstellung, auf hohen Hacken fünf Stunden herumzustöckeln!
Nach einer geruhsamen Nacht im Bus suchten wir uns einen legalen Parkplatz in der unmittelbaren Nähe von Roland Garros, was ziemlich einfach war. Allerdings waren wir auch früh dran; weil mein GöGa Angst vor endlosen Schlangen am Einlaß hatte. Es hielt sich aber in Grenzen, nach einer halben Stunde waren wir drin.
Die French Open sind einfach gnadenlos gut organisiert. Dafür stellen sie Unmengen an Personal ein: Sicherheitsleute, Reinigungspersonal, Betreuer für alles und jeden. Dazu kommen die Leute, die die Essensstände und die Boutiquen betreuen. Es sah so aus, als ob beinahe die Hälfte der Menschen einen Dauerausweis um den Hals hätte. Apropos Essen: Die Imbisstände sind astronomisch teuer, dafür ist das Angebot grauenhaft. Beinahe alle Besucher schleppten Taschen und Rucksäcke mit mitgebrachten Snacks und Getränken herum. Aus vielen Rucksäcken sah man Baguettes ragen, ich fand das lustig.



Die wahren Helden sind die Schiedsrichter und Balljungen und -mädchen. Es ist unglaublich anstrengend, was sie den ganzen Tag leisten, und nicht jeder Spieler dankt es ihnen. Gerade die Linienrichter bekommen eine Menge Launen ab, und Tennisprofis sind extrem launisch! Es ist zu warm, zu kalt, zu windig, da hinten hat einer gehustet, irgendwie ist der Platz nicht schön und außerdem ist schon wieder die Saite gerissen... Kann ja sein, dass es im wahren Leben richtig nette Menschen sind, aber während eines Matches kommt doch häufig der Mr. Hyde heraus. Der Spieler rechts oben ist Italiener. Er und sein Gegner, ein Spanier, lieferten sich über fünf Stunden ein Duell bis aufs Messer. Ich bin mir sicher, dass der Verlierer überlegt hat, wie teuer so ein Profikiller eigentlich ist, als er auf dem Weg in die Kabine war.
Trotz dieser Zickerei ist es natürlich richtig beeindruckender Sport, den man in Roland Garros zu sehen bekommt. Auf den Nebenplätzen trainieren häufig die Spitzenstars; da ist manchmal mehr los als bei den Matches, wenn Leute spielen, die keiner kennt. Ich habe Wawrinka und Zverev gesehen, die ihre Trainingspartner gnadenlos über den Platz jagten: das kann man schon sehen, warum sie so erfolgreich sind.



Mir hat es Spaß gemacht. Die zwei Tage in Paris waren wahnsinnig anstrengend, trotzdem hat es sich absolut gelohnt. Einen Sonnenbrand im Gesicht hatte ich auch.
Am Montag morgen war dann endlich meine Stunde gekommen, eine Spitzenleistung zu performen: ich bin aufgestanden und pünktlich zur Arbeit erschienen!

Montag, 20. Mai 2019


Heinz und Hannelore

(Mobbing am Niederrhein) 



Diese beiden Fensterguckerinnen habe ich beobachtet, als ich in Dormagen- Zons auf einer Bank saß und ein Eis aß. Ich fand sie unglaublich lakonisch und richtig boshaft-also total lustig! Was Heinz und Hannelore eigentlich verbrochen haben, das fand ich leider nicht heraus.

 




Sonntag, 12. Mai 2019

 

12 von 12 

im Mai 2019

 


Heute ist der 12. im Monat Mai, und glücklicherweise ist Sonntag: da kann ich noch einmal an dieser schönen Aktion teilnehmen, die Caro von Draußen nur Kännchen organisiert. Vielen Dank dafür!

1. 
Erst einmal ausschlafen. Ich war gestern auf einer kroatischen Geburtstagsfeier. Muss ich da noch viel erklären?

2.
Das Frühstück vor dem Fernseher eingenommen und dabei einen Miss Marple- Film gesehen. Ich liebe Margaret Rutherford und Stringer Davis!

3.
Fingernägel lackieren. Gestern habe ich mir einen Nagellack in der Farbe von Bergseen gegönnt. Das müssen die Nachwehen der Osterferien sein.

4.
Wenn meine jüngere Tochter im Bad ist, dann ist sie im Bad. Und ich bin davor und warte, bis sie fertig ist. Warum manche Teenagerinnen so episch lange brauchen, wird mir auf immer ein Rätsel bleiben.

5.
In die gute alte Kamera einen neuen Schwarzweißfilm eingelegt. Den letzten habe ich gestern verschossen, also auf ein Neues!

6.
Mit der älteren Tochter und dem Hund einen schönen Spaziergang am Rhein gemacht. Seit sie die Abiturklausuren geschrieben hat, hat sie richtig viel Zeit.



7.
Ein fürstliches Mittagessen aus Sahnetorte genossen. Geht doch nix über eine ausgewogene und gesunde Ernährung.

8.
"Der freundliche Mr. Crippen" von John Boyne zu Ende gelesen. Auch wenn man in groben Zügen die Geschichte über den Mörder Crippen kennt, gelingt es Boyne, den Leser zu überraschen. Außerdem kann er schreiben, vielleicht kennt ihr "Der Junge im gestreiften Pyjama" von ihm.

9.
Im Strandkorb auf der Terrasse die Sonne genossen. Auch wenn es noch nicht wirklich warm draußen ist, kann man es da ein Stündchen aushalten.

10.
"Eine Nacht in Casablanca" mit den Marx Brothers- ich habe heute offensichtlich einen Hollywood- Nostalgie- Tag.

11.
Wir haben jede Menge altbackenes Brot daheim. Ich glaube, heute abend mache ich Semmelknödel.

12.
Jetzt geht es zum gemütlichen Teil des Abends, da kann ich ja die Schuhe ausziehen!

Link:

Samstag, 4. Mai 2019

Garmisch und Partenkirchen

Eine Liebesgeschichte in 5 Akten 

 



1. Akt

Garmisch- Partenkirchen dürfte der bekannteste Wintersportort Deutschlands sein. Sie haben das Abfahrtsrennen auf der Kandahar und das Neujahrsschispringen am Gudiberg. Als Sahnehäubchen können sie auch noch mit der Zugsptze aufwarten, Deutschlands höchsten Berg. 
Und genau aus diesen Gründen sind wir vor ein paar Jahren zum ersten Mal mit den Kindern dorthin gefahren. Wir erwarteten ein Super- Schigebiet, ein bisschen Après- Ski, einen netten Ort und etwas Aufregung wegen des Schispringens, das genau zu diesem Zeitpunkt dort stattfand.
Das Schispringen war tatsächlich da. Die Schispringer sind klein und unfassbar dünn, wenn sie vor dem Hotel herumstehen und auf den Mannschaftsbus warten, man möchte ihnen eine Decke und etwas Warmes zu trinken reichen. Während der Veranstaltung ist der Ort voller Menschen und ohne Parkplätze, und direkt am nächsten Tag ist alles so vollständig vorbei, als habe es den Vortag nie gegeben.


Après- Schi gibt es nur in Maßen, was ich in Ordnung finde, weil ich für's Komasaufen zu alt bin- ich muss meine Gehirnzellen zusammenhalten. Garmisch als Ort ist auch nett, es gibt alles, was man so braucht oder eventuell brauchen könnte. Wenn einem das Wetter einen Streich spielt, kann man in der großen Eissporthalle Schlittschuhlaufen gehen, in der auch der SC Riessersee Eishockey spielt
Aber das Schigebiet ist eine Katastrophe. Der Teil mit der Kandahar nennt sich Garmisch Classic und ist so dermaßen verbaut und veraltet, dass man sich fragt, ob die Garmischer einfach keine Skitouristen mögen und lieber unter sich bleiben wollen. Überall steht man an, die Pistenführung als verworren zu bezeichnen ist ein Euphemismus. Dafür ist es so teuer wie in der Schweiz. 
Die Zugspitze hat ein eigenes Schiareal. Damals konnte man es nur mit einem Bummelzug, der den größten Teil durch Tunnel fährt, oder von Österreich aus erreichen. Auf den Gipfel selbst musste man mit einer weiteren kleinen Gondel fahren. Obwohl die Pisten sehr schön sind, wird die Zugspitze nur an ausgewählten Tagen genutzt: entweder es ist zu kalt, nebelig oder so warm, dass man ab Mittag in der Matsche steht. Als wir da waren, nebelte es oben praktisch ohne Pause.


Gewohnt haben wir in Farchant, einem Vorort von Garmisch- Partenkirchen, bei sehr netten, sehr alten Leuten in einer Wohnung mit einer riesigen Badewanne, die sogar nach Fichtennadelbadezusatz roch. In Farchant habe ich vor dem Fernseher wieder angefangen zu häkeln. Das war die Zeit mit den MyBoshi- Mützen; nur dass ich die Wolle in einem winzigen Laden in Partenkirchen gekauft hatte, in der die alte Dame, der das Geschäft gehörte, von jungen, handarbeitsunerfahrenen Frauen umlagert und ausgefragt wurde wie weiland Bhagwan von seinen Jüngern.


Dass in Farchant die älteren Leute sämtlich ohne Ausnahme Autos mit Automatikgetriebe fuhren, fand ich schrullig. Die Erklärung dafür bekam ich später daheim. Ein Freund meines Mannes, der aus Farchant kommt, erzählte uns, dass es dort nur einen Fahrlehrer gab, und der hatte im Krieg ein Bein verloren. Weil aber niemand es übers Herz brachte, seinen Führerschein woanders zu machen, lernten sie eben auf Automatik. Wovon hätte der arme Mann denn sonst auch leben sollen? dachten sich die Farchanter.

Wegen des Schigebietes und seiner Macken wollten wir trotzdem nie wieder nach Garmisch, Punkt.


2. Akt (Intermezzo)


Nach einigen Reisen in Orte mit riesigen Schigebieten wie Sölden oder Ischgl hatten wir die Nase voll von Megapisten und Großraumgondeln. Mein Mann, der bei uns der Winterplaner ist, kam eines Tages mit dem Vorschlag Lermoos um die Ecke. In Tirol, direkt hinter der deutschen Grenze, gibt es ein paar kleine Wintersportorte, die mit Familienfreundlichkeit werben. Für uns klang das gut.
Um das hier nicht ausufern zu lassen sei nur soviel gesagt, dass diese Orte Lermoos, Ehrwald oder Biberwier wirklich familienfreundlich sind. Für kleine Kinder gibt es nette Schischulen mit freundlichen Lehrern, Größere kann man auch mal alleine auf die Pisten loslassen: die gehen da nicht verloren. Und man fällt nicht ab 14 Uhr an jeder Ecke über Betrunkene!
Im Rahmen dieses Urlaubs ergab sich für den besten Ehemann von allen und meine ältere Tochter die Gelegenheit, von der österreichischen Seite aus bei schönem Wetter zum ersten Mal auf die Zugspitze zu fahren. Sie kamen begeistert mit leuchtenden Augen wieder. So schöööön, und einen leichten Sonnenbrand hatten sie auch.
Dann ging den Kindern der Lesestoff aus (ein im Urlaub häufig auftauchendes Problem), und weil die kleinen Orte in Tirol keine Buchhandlungen hatten, fuhren wir zum Einkaufen nach Garmisch. Dort wurden wir fündig, es gibt nämlich nicht nur einen, sondern mehrere Literaturdealer da. Außerdem fanden wir ein Geschäft, dass die damals unentbehrlichen Drachenfiguren hatte, und ein tolles Café, dass noch unentbehrlicheren guten Kaffee verkaufte.

Garmisch- Partenkirchen machte Boden wett.


3. Akt

Unsere Lebensumstände änderten sich. Zunächst einmal wollte meine jüngere Tochter pubertätsbedingt plötzlich auf keinen Fall mehr aus die Schi. Dann stellte sich heraus, dass wir unseren Hund nicht mehr bei den Schwiegereltern lassen konnten, wenn wir wegfahren wollten. Mein Schwiegervater hatte sich beim Spaziergang mit Hund mehrmals spektakulär auf die Klappe gelegt, und meine Schwiegermutter bekam nach den künstlichen Hüften als nächstes ein neues Knie.


Wir suchten also für die Weihnachtsferien nach einem Ort, den es eigentlich nicht gibt: Für Hunderunden, Schifahren und Teenagerunterhaltung gerüstet, außerdem groß genug, um einen Biosupermarkt zu haben, denn die beiden Mädels waren Vegetarier geworden. Wir kamen noch einmal auf Garmisch- Partenkirchen.
Diesmal wohnten wir bei einer freundlichen Dame in Grainau, die auch einen Hund hatte, der wie der "Kini" Ludwig hieß und sich auch so divenhaft benahm. Grainau liegt sozusagen hinter Garmisch- Partenkirchen, von hier aus fährt die Zugspitzbahn los. Natürlich fuhren mein Mann und die Ältere noch einmal Garmisch- Classic, und selbstverständlich kamen sie fluchend wieder. Aber sonst wurde Zugspitze oder eins der Tiroler Schigebiete gefahren!


Weil ich viel mit dem Hund unterwegs war, lernte ich die Umgebung deutlich besser kennen. Im Winter kann man wunderbar wandern, man teilt sich den Platz mit den Langläufern sozusagen. Die Partnachklamm, eine wirklich wilde Schlucht in der Nähe, ist im Winter meist wegen Eisbruch gesperrt.


In dem Jahr lagen zudem noch ein paar riesige Baumstämme quer, die im Herbst in die Klamm gerutscht und nur schwer zu entfernen waren. Ganz Garmisch- Partenkirchen regte sich darüber auf, der Bürgermeister mußte bei einer Bürgerversammlung einen Terminplan für die Sanierung vorlegen. Von der Partnachalm geht am 6. Januar das Hornschlittenrennen los, eine Höllengaudi für die ganz Wagemutigen. Hornschlitten wurden früher benutzt, um Holz aus dem Wald ins Tal zu befördern; sie sind riesig und praktisch unlenkbar.


Um das trotzende jüngere Kind glücklich zu machen, fuhren wir einen Tag nach München. Man braucht mit dem Auto etwa eine Stunde dahin, und es lohnt sich. Wir machten Sightseeing und gingen ein wenig shoppen: für die Mädels ein Secondhand- Laden gigantischen Ausmaßes, und für mich die Musikabteilung unterm Dach im Kaufhaus Beck. Es gibt nur Jazz und Klassik, aber vom Allerfeinsten; ich könnte Stunden da verbringen. Außerdem waren wir gefühlt in jeder barocken Kirche, die Bayerns Landeshauptstadt zu bieten hat: die Asamkirche, die Theatinerkirche usw usw.





Diesmal waren wir von Garmisch- Partenkirchen sehr angetan.


4. Akt

Im selben Jahr hatten wir unverhofft die Möglichkeit, Ostern noch einmal zusammen in den Urlaub zu fahren. Bevor wir unsere üblichen Endlosdiskussionen über das Reiseziel anfangen konnten, hatte mein GöGa schon eine Ferienwohnung in Garmisch- Partenkirchen gemietet. Es stellte sich heraus, dass die Wohnung unmittelbar im Stadtzentrum direkt an der Partnach lag. Man konnte also genauso schnell ins Städtchen wie ins Grüne. Zu unserer Freude war es so warm und sonnig wie im Frühsommer.


An der Partnach entlang führt ein Weg direkt zum Olympiastadion, dem Schauplatz der Schisprungwettbewerbe. Das Stadion ist eigens für die Winterspiele 1936 erbaut worden, dementsprechend sieht es auch aus. Anläßlich dieses Ereignisses wurde -nicht unbedingt freiwillig- aus den Orten Garmisch und Partenkirchen, die seit der Römerzeit autonom gewesen waren, die Marktgemeinde Garmisch- Partenkirchen. Darüber freut man sich sich bis heute nicht so richtig, und das mag auch ein Grund für die Ablehung erneuter Olympischer Spiele gewesen sein.




Die moderne Sprungschanze von 2007 sieht beeindruckend aus. Ich kann mir von unten schon nicht vorstellen, da herunter zu fahren; vom Richterturm, zu dem man hinaufklettern kann, erscheint einem so ein Vorhaben selbstmörderisch. Ich wollte ein paar super Fotos machen, aber leider gab das Objektiv meiner Kamera den Geist auf. Am nächsten Tag, als ich mit den Mädels nach München fuhr, brachte mein Mann den Patienten in ein Fotogeschäft nach Garmisch, wo sich der netteste Fotograf der westlichen Hemisphäre ein Bein ausriss, um uns weiterzuhelfen.


In München waren wir diesmal in der Alten Pinakothek. Weil sie umgebaut wurde, durften wir umsonst hinein. Meine "Kleine" erneuerte ihre Begeisterung für Rubens, und ich stand plötzlich ganz nah vor dem Selbstporträt von Albrecht Dürer und fiel beinahe vor Ehrfurcht auf die Knie.



In diesem Jahr wurde die neue Zugspitzbahn eröffnet. Sie saust mit nur einer Zwischenstütze von einer hochmodernen Talstation bis unmittelbar ans Gipfelkreuz. Das ist nicht unbedingt etwas für Höhenphobiker, beeindruckend ist es aber allemal. Man kann spektakulär auf den leuchtend grünblauen Eibsee heruntergucken (um den herum gibt es einen ganz wunderbaren Wanderweg, unser Hund hat das sehr genossen). Für kleine Kinder sollten Eltern einen Kaugummi oder Ähnliches parat haben, die Geschwindigkeit, mit der die Zugspitzbahn Höhenmeter überwindet, macht ziemlichen Druck auf den Ohren.



Wir fanden Garmisch- Partenkirchen super.


5. Akt

Neues Ostern, neues Glück! In diesem Jahr war Ostern so spät, dass eigentlich an Schifahren kaum noch zu denken war. Und was macht man da? Genau: man fährt nach Garmisch- Partenkirchen!
Unsere Wohnung lag einmal nicht in Garmisch, sondern in Partenkirchen. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Partenkirchen hieß bei den Römern "Parthanum", wurde 1361 Markt und steinreich, weil die Handelsstraße von Augsburg über Mittelwald nach Italien hier durch führte. Garmisch dagegen wurde erst 802 als "Germarisgave" erwähnt und gehörte von 1294 zu Werdenfels, das dem Bischof von Freising unterstand. Partenkirchen ist also älter und war eigentlich erfolgreicher, das änderte sich erst mit der vermaledeiten Zwangszusammenführung 1935.


Heute ist Partenkirchen immer noch deutlich ursprünglicher als Garmisch, man könnte auch sagen, es ist bayrischer. Die meisten Häuser tragen wunderschöne Lüftlmalerereien, die auch richtig alt sind. Der letzte Lüftlmaler, der noch "al fresco" arbeitete (d.h. er malte seine Motive direkt in den feuchten Putz statt auf die trockene Wand), hieß Gerhard Ester und kam hierher, er ist 2018 verstorben.
Wir fuhren diesmal zwar auch Schi (meine jüngere Tochter fährt übrigens wieder), unternahmen aber mehr Ausflüge in die Umgebung.


Wir waren im Kloster Ettal, das zwischen Garmisch- Partenkirchen und Oberammergau liegt, Barock gucken. Das Kloster ist immer noch im Besitz des Benediktinerordens, es gibt ein Gymnasium, Landwirtschaft, einen Kunstverlag, eine Brauerei und eine Destillerie. Die Mönche stellen einen eigenen Gin her, zu dem man im Klosterladen ein Buch über den perfekten Gin Tonic haben kann. Da soll mal einer sagen, die Patres seien weltfremd!



Nicht weit davon entfernt liegt Schloß Linderhof, wieder so ein Königschlößchen des überhaupt nicht verrückten Ludwig II. Das ist zwar nicht barock, tut aber so. Das Schloß ist klein (bekannt ist das Tischlein-deck-dich: ein Eßtisch, der aus dem Boden gefahren kam und Ludwigs Gäste zu Tode erschreckte), dafür ist der Garten riesig. Direkt vor dem Gebäude befindet sich ein Wasserbassin mit einer goldenen Flora- Statue darin. Jede halbe Stunde haut das Bassin eine dreißig Meter hohe Wasserfontäne heraus, das ist so unverhältnismäßig zum Rest der Anlage, dass man es einfach lieben muss.




In München waren wir natürlich auch, das hat ja mittlerweile Tradition. Diesmal waren wir in der Pinakothek der Moderne, Kunst ab dem Blauen Reiter bis zu Beuys bewundern. Neben dem außergewöhnlichen Museumsbau beeindruckte uns eine Sonderausstellung über das graphische Werk der amerikanischen Künstlerin Kiki Smith- von den Eindrücken zehre ich heute noch, hach! Das hier bin ich vor einem Gemälde von Georg Baselitz:


Wenn der Rest meiner Familie im Schnee herumtobte -was übrigens teilweise noch möglich war-, gammelte ich mit dem Hund in Partenkirchen herum. Auf der Ludwigstrasse, der belebtesten Einkaufsstrasse, herrscht eine Atmosphäre irgendwo zwischen Italien und tiefstem Bayern. Bei schönem Wetter sitzen sofort alle draußen, sogar der Kurator des Heimatmuseums Werdenberg steht die halbe Zeit auf der Strasse und begrüßt seine Bekannten.


Wenn man Richtung Wank wandert, kommt man durch den Philosophenpark (auf den Bänken sind Zitate bekannter Schriftsteller angebracht), über einen Kreuzweg zur Wallfahrtskirche St. Anton. Anhand der Leidensstationen erklären die Partenkirchener Väter ihren Kindern beim Karfreitagsspaziergang ziemlich gekonnt die Passionsgeschichte.



Als wir dieses Mal nach Hause mußten, waren wir verliebt in Garmisch- Partenkirchen.


Und was folgt nun daraus:
Es gibt Orte, die begeistern sofort, und es gibt andere Orte, mit denen braucht man, um warm zu werden.
Garmisch- Partenkirchen ist vollkommen ungeeignet als reiner Wintersportort, dabei bleibe ich. Aber als Mittelpunkt für Unternehmungen in alle Richtungen ist es ideal.


Aber vor allem habe ich noch nie so viele so nette Leute getroffen wie hier. Ob ich beim Metzger eine Diskussion darüber hatte, dass ich dem Hund keine eigene Leberkässemmel kaufen wollte, ob es um den Klimawandel, den besten Weg zum Gardasee oder die Vor- und Nachteile des Auswanderns nach Australien ging: immer habe ich mich lange und freundlich mit Garmischern und Partenkirchenern unterhalten. Die Menschen hier sind unglaublich entspannt.


Das kann man aber auch sein, wenn man in einer so tollen Gegend wohnt.