Donnerstag, 31. August 2017

Hans- Kurt und das Leben der Bohème


Als wir neulich die Wohnung der alzheimerkranken Tante meines Mannes ausräumten, weil sie ins Altenheim in die Eifel umgezogen war, fand ich zwei alte Fotoalben. Da keiner sonst sich dafür interessierte, nahm ich sie mit nach Hause und sah sie mir an.

Ich kannte diese Tante namens Hannelore nur als schwatzhafte alte Frau mit Rollator. Niemand konnte sie so recht leiden. Dann wurde sie krank. Sie büxte aus und patroullierte im Nachthemd durch die Innenstadt, fuhr ohne Geld mit dem Taxi durch Düsseldorf, weil sie nicht mehr wusste, wo sie war und verdächtigte ihre Schwägerin, die mit ihr im gleichen Haus wohnte, ihr das Waschmittel geklaut zu haben. Nach einigem Hin und Her gelang es ihrer Nichte, einen Platz in einem Heim für sie zu finden. Hannelore erkennt mittlerweile niemanden mehr.
Hans- Kurt war ihr Ehemann. Er und sein Bruder kamen aus Pommern. Beide waren während des Krieges in russischer Gefangenschaft, nach ihrer Entlassung mussten sie lange nach ihrer Familie suchen, denn aus ihrem Heimatort Stolp waren alle Deutschen vertrieben worden. Nach einigem Hin und Her fanden sie ihren Vater und ihre Stiefmutter (die leibliche Mutter war in der Ostsee ertrunken, als die beiden Jungs noch sehr klein waren) bei Verwandten hier im Rheinland wieder. Der Vater war vor dem Krieg Bauunternehmer gewesen: was lag also näher, als eine neue Bauunternehmung aufzumachen? Hans- Kurt wurde der technische Zeichner der neuen Firma, sein Bruder Ulrich, der viel jünger war, machte erst sein durch seine Einberufung in die Wehrmacht unterbrochenes Abitur zuende und stieg dann in eine Kombination aus Ausbildung und Studium zum Bautechniker ein. Als er damit fertig war, folgte er seinem Bruder in den Familienbetrieb.
Im bauwütigen Nachkriegsdeutschland wurde die Firma sehr schnell erfolgreich. Die beiden Jungs, die im Krieg noch Hunger gelitten hatten, hatten plötzlich genug Geld, um ihr Leben zu geniessen und sich ein paar Statussymbole leisten zu können. Wie das Leben so spielt, fanden beide auch zu dieser Zeit die Frau für's Leben.
Hans- Kurt verliebte sich in Hannelore und heiratete sie. Die beiden Fotoalben, die ich gefunden habe, sind wahrscheinlich während ihrer Hochzeitsreise entstanden. Das neue Ehepaar fuhr mit VW- Käfer und einem Zelt, das aussah wie Hemingways Afrika- Safari- Zelt, den Rhein entlang, wo sie sich die romantischen Burgruinen ansahen. Dann zuckelten sie durch Österreich. Ich habe wunderbare Bilder von ihren Bergtouren gefunden, Hannelore braungebrannt in Shorts mit einem riesigen chinesisch aussehenden Strohhut. Irgendwo hat sie sich ein Dirndl gekauft, damit hat Hans- Kurt sie sehr oft fotografiert. Sie gingen in Bergseen schwimmen und nahmen Sonnenbäder auf gemütlich aussehenden Liegen, von denen ich mir ganz sicher sind, das sie nicht in den Käfer gepasst haben. Abends servierte Hannelore stolz selbstgekochtes Campingessen sitlvoll auf einer karierten Tischdecke mit Blümchenvase. Auf diese Weise kamen sie bis nach Norditalien. Ich stelle mir vor, dass sie in Verona unter Julias Balkon standen: das kann ich zwar fotografisch nicht belegen, aber ich finde die Vorstellung so schön!
Irgendwann ist auch die tollste Reise zu Ende. Daheim kamen in den nächsten Jahren Enttäuschungen auf sie zu. Der jüngere Bruder Ulrich erwies sich als der Tüchtigere. Als der Vater seinen Ruhestand antrat, übernahm Ulrich den Laden, Hans-Kurt blieb sein Angestellter. Während sein Bruder Vater von drei Kindern wurde und ein feudales Haus mit Swimmingpool baute, blieben Hans- Kurt und Hannelore kinderlos. Sie zogen zur Miete in die 1. Etage eines Hauses, das dem Vater gehörte. Irgendwann wurde Hans- Kurt krank (zum Teil war das seiner Kettenraucherei geschuldet). Er gab auf und wollte das Haus nicht mehr verlassen. Sie verloren ihre wenigen Freunde, bis sie nur noch sich selbst hatten. Hannelore, die eigentlich recht gesellig war, muss sehr darunter gelitten haben. Als ihr Mann starb, war sie endgültig einsam. So habe ich sie kennengelernt.
Die beiden Fotoalben erzählen die Geschichte von Hans- Kurt und seiner Hannelore, als sie glücklich waren. Ich finde es tröstlich, dass es diese Zeit für sie gegeben hat. In der Collage oben wollte ich das darstellen. Der Mann mit dem gewagten Cordanzug, der sich da so fesch auf der Käfermotorhaube lümmelt, ist tatsächlich Hans- Kurt, die Modezeichnung habe ich genommen, weil Hannelore sich bestimmt wunderschön und perfekt gefühlt hat, als ihr Ehemann so verliebt in sie war. 
Es ist traurig, dass es ihnen nicht gelungen ist, das wunderbare Gefühl ihrer großen Reise für ihr weiteres Leben zu bewahren.

Freitag, 18. August 2017

Wer ab und zu bei mir auf Instagram reinschaut, hat vielleicht gesehen, dass ich meinen Sommerurlaub dieses Mal in einem besonderen Teil Frankreichs verbracht habe: in der

Wenn man an Frankreich denkt, kommt einem nicht unbedingt zuerst die Bretagne in den Sinn. Irgendwie ist es hier nicht so französisch. Das Wetter ist rauher, die Bewohner haben neben dem Französischen eine eigene Sprache (die sie auch benutzen) und die Dörfer sehen eher keltisch aus. Natürlich kultivieren die Bretonen diesen Eindruck nach Kräften, die Geschichten um Asterix spielen nicht umsonst hier.

Wächst wegen des Klimas hier wie Unkraut: Agapanthus
Außerdem ist die Bretagne ziemlich gross. Die einzige Möglichkeit, alles auf einmal zu sehen, besteht in einer Reise mit einem Wohnmobil. Mein Mann und ich waren schon mehrmals da, ohne und mit den Kindern. Diesmal hatten wir uns für die Nordwestküste entschieden, die


Die Küste hier ist nicht so spektakulär wie die Felsen im Westen. Es gibt viele einsame, blendend weiße Sandstrände. Weil das Meer sehr flach ist, zieht es sich bei Ebbe kilometerweit zurück und läßt eine beinahe unwirkliche Wattlandschaft zurück. Man kommt sich darin vor wie in einer Wüste, vor allem bei Sonnenschein mit richtig stahlblauem Himmel. 

Hund im Glück

Vielleicht erinnert sich jemand an die Szene aus dem Film "Independence Day", in der Will Smith das bewußtlose Alien durch die weiße Ebene Nevadas zieht. Das hätte hier gedreht werden können. Allerdings müsste man die Franzosen herausphotoshoppen, die durchs Bild tappen, weil sie kleine Krabben fangen und Muscheln suchen. Das machen sie im übrigen auch bei strömendem Regen.
Womit ich beim Bretagne- Wetter wäre: hier gibt es alles. Sommersonne mit wolkenlosem Himmel oder mit Zuckerwattewolken, bedeckter Himmel, Windböen, Nieselschauer, Weltuntergangsregen, manchmal alles an einem Tag. Auf jeden Fall erlebt der Bretagnereisende diese Wetterkapriolen alle garantiert während einer Woche. Die gute Nachricht ist, dass dabei die Temperatur im Sommer  konstant zwischen 20 und 25 °C bleibt. Leider sind durch dieses Klima die Häuser innen immer ein wenig feucht. Wenn also die Sonne scheint, heißt das: nichts wie raus!


An der Côte des Abers gibt es ebensoviele Sehenswürdigkeiten wie in den anderen Teilen der Bretagne, man sollte sich darauf einstellen, viel mit dem Auto herumzufahren. Es geht voran, sobald man auf der Nationalstraße N 12 ist. Keine gute Idee ist es, über die Départementstraßen zu gondeln, weil man zwar durch jedes pittoreske Dörfchen fährt, das dauert aber ewig. Die Leuchttürme auf der Île d'Ouessant z.B. sind wirklich toll, aber schwer zu erreichen. Dieser Küstenbereich ist einer der gefährlichsten der Welt für die Schiffahrt, und nachdem es gelungen war, die Bretonen davon zu überzeugen, dass falsche Leuchtfeuer zwar lukrativ, aber Unrecht sind, wurden an dieser Stelle zehn (!) Leuchttürme aufgestellt, die heute ein Ziel für begeisterte Hobbyfotografen sind. Kunstgeschichtlich Interessierte sollten die

von St. Thégonnec und Guimillau besuchen. 
Ein Enclos ist ein von einer Mauer umgebener Kirchenbezirk, bestehend aus der Kirche, dem Friedhof, einem Beinhaus und dem Calvaire (Kalvarienberg), einem steinernen Monument, auf dem sehr bildreich die Leidensgeschichte des jeweiligen Ortsheiligen dargestellt wird.





Sie stammen aus der späten Gotik und der frühen Renaissance und wurden in einem naiv-bäuerlichen Stil ausgeführt. Mich erinnern die Figuren an die expressionistischen Werke Ernst Barlachs. St. Thégonnec und Guimillau konnten sich damals solche aufwändigen Bauprojekte leisten, weil sie im 15. Jahrhundert durch die Leinenweberei eine kurze Zeit sehr viel Geld verdienten. Von diesem Reichtum sieht man heute leider nichts mehr. Das bekannteste Städtchen ist
Hier gibt es eine schöne Kirche, die Cathédrale St. Corentin, mit malerischer Altstadt darum herum zu bewundern. Wie überall in der Bretagne halten sich die Touristenströme in überschaubaren Grenzen, was ich angenehm finde.


Empfehlenswert ist die überdachte Markthalle, wo man sehr schön Essen kaufen und Essen gehen kann. Interessanterweise hat es hier ein grosse Straßenmusikerdichte. Man kann an jeder Ecke jemanden sehen und vor allen Dingen hören, der ein keltisches Instrument spielt: Harfe, Flöten, eine Art Dudelsack (laut!) und eine Trötentrompete, die bestimmt ganz anders heißt und sich nach Schlangenbeschwörung anhört. Das Dings gibt allerdings so durchdringende Töne von sich, dass die Schlangen sich Hände wünschen würden, um sich die Ohren zuzuhalten. 

Angenehm leise: Harfe und Geige

Wenn man den Reiseführern glauben will, ist
kaum der Mühe wert. Das liegt daran, dass die Stadt im 2. Weltkrieg bis auf die Hafenfestung vollständig zerstört wurde und deswegen auch keine schnuckelige Schlumpfhausenaltstadt vorzeigen kann. Dazu kommt, dass der Roman "Querelle" von Jean Genet hier spielt, bei uns in Deutschland bekannt geworden durch eine düstere, deprimierende Fassbinder- Verfilmung.


Das heutige Brest entstand in den 50er Jahren am Reissbrett, die Architektur ist also reinste klassische Moderne. Ganz ehrlich: die Reiseführer tun der Stadt unrecht. Brest ist hell und freundlich. Die Kirche St. Louis beeindruckt schon allein durch die Höhe von 24,50 m im Innenraum, die schmalen Fenster wirken atemberaubend. Im Hafen residiert die französische Marine, auch das ist für manchen Besucher interessant genug. Ausserdem findet sich hier die einzige ernstzunehmende Shoppingmeile der Umgebung. Das klingt banal, aber wenn man wie ich zwei Wochen mit zwei Teenagerinnen unterwegs ist, kann das einen Urlaub deutlich aufpeppen.

Wenn der Hund nur lesen könnte...

Es gibt z.B. einen großen Séphora (sozusagen der französische Douglas, nur cooler!), der von Mädels belagert wird. Für den Nerd findet sich eine wunderschöne Buchhandlung, die auch Titel in englischer und deutscher Sprache führt. Außerdem ist die Comicbuchabteilung süchtigmachend gut sortiert. Für Teenagerjungs hat Brest ausreichend Auswahl an Sportgeschäften mit coolen Turnschuhen und Computerspielbuden. Am Hafen reihen sich hübsche Cafés und Restaurants aneinander, hier können sich die Geldgeber aka Eltern erholen von den Mühen des Shoppens. Und dann ist da
Das ist so ein echtes Touristenstädtchen, das muss auch mal sein. Angeblich hat Maria Stuart hier Station gemacht, bevor sie den König von Frankreich heiraten sollte. Stimmen muss das nicht unbedingt; das Gebäude, in dem sie gewohnt haben soll, gibt es jedenfalls nicht mehr.


Neben seiner malerischen Altstadt ist Roscoff für die Gemüseproduktion bekannt, vor allem für die Zwiebeln. Dazu gibt es eine hübsche Geschichte: der Bauer Henri Olliviet soll mit einem Schild "Englische Zwiebeln taugen nichts" auf dem Markt in London Zwiebeln aus Roscoff angeboten haben. Die Londoner glaubten ihm. Daraus entwickelte sich die Traditon der "Onion Johnnies", bretonische Händler mit schwerbeladenen Fahrrädern, die ihre Ware in England anboten. Wenn man das weiss, wundert man sich nicht mehrüber die Zwiebelzöpfe an den Souvenirständen. Touristen, die hier Picknick machen, werden überall von riesigen Möwen belauert, das erinnert ein wenig an Hitchcocks "Die Vögel".


Prähistorische Funde wie Menhire und Hünengräber gibt es an der Côte des Abers selbstverständlich auch, z.B. MenMarz, immerhin erstaunliche 8,00 m hoch. Das bekannteste Bauwerk ist und bleibt natürlich das Alignement von Carnac. Von hier aus muss das ziemlich weit fahren, und man sollte bedenken, dass die Steinreihen mittlerweile eingezäunt und nur an einigen Stellen von aussen zu bewundern sind. Also: nur für Hardcore- Kelten zu empfehlen!

Für Aktive bietet die Bretagne ebenfalls eine Menge. Wandern kann man gerade an der Küste ganz wunderbar. Die ausgedehnten Dünenlandschaften in Keremma oder St. Maguerite bieten sich da an. Zum Teil sind die Dünen als Naturschutzgebiet ausgewiesen, gerade als Hundebesitzer sollte man darauf achten. 


Gesegelt wird praktisch immer. Wenn genug Wind da ist, wird auch gerne das Windsurfboard herausgeholt. Schwimmen kann man natürlich auch, aber das ist schon ziemlich kalt, Golfstrom hin oder her. Viele machen Fahrradtouren, z.T. auch mit Übernachtungen auf den zahlreichen Campingplätzen. Und natürlich rennradelt man hier, was das Zeug hält. Sonntags gibt es immer irgendwo eine kleine Rundfahrt mit Zeitmessung, eine Tour de France im ganz Kleinen sozusagen.


Wer Bedenken wegen des Verkehrs hat, den kann ich beruhigen; die Bretonen sind ausgesprochen fahrradfreundlich und fahren entsprechend rücksichtsvoll. In Plouneóur- Trez, wo wir ein Ferienhaus gemietet hatten, gibt es als besonderes Angebot eine Schule für Strandsegler. Vielleicht hat der eine oder andere in St. Peter Ording so etwas schon einmal gesehen. Es gibt Kurse sowohl für Erwachsene als auch für Kinder, die sehr gut besucht sind.


Die Bretagne muss man so mögen, wie sie ist; denn so wie hier, ist es eben nirgendwo sonst. Ich kann auch nur schwer Vergleiche ziehen mit anderen Ferienzielen an der Küste. Es ist vielleicht die eigenwillige Mischung aus dem Leben auf dem Land und am Meer, aus französisch- bretonischer Lebensart und keltisch geprägter Geschichte. Kommt man hierher, muss man sich selbst beschäftigen können, geboten wird dem Touristen wenig. Manche Leute fahren enttäuscht vom Wetter und vom Beachlife wieder nach Hause; diejenigen aber, die sich auf die Bretagne einlassen, kommen immer wieder.


So wie wir.

Ein paar nützliche Hinweise

1. Anreise
Am besten geht es mit dem Auto. Die Bretonen eigenbröteln im Bezug auf Flugzeuge und Züge ein wenig, daher kommt man am Individualverkehr kaum vorbei. Allerdings ist die Anreise von Deutschland wirklich weit, wird von Staus an den Péages (Autobahnmautstellen) behindert und hinter Rennes gibt es auch keine Autobahn mehr, sondern nur noch National- und Départementstrassen.


2. Verkehr
Es gibt viele Touristen hier, aber die verteilen sich. Die Franzosen halten sich an ihre Tempolimits (Nationalstrasse 110 km/h, Départementstrasse 90 km/h, Städte 50 km/h) und sie wissen auch warum. So ein bißchen Raserei kann nämlich richtig teuer werden. Wenn eine Radarmessung angekündigt wird, dann ist da auch eine. In allen Städten und Dörfern gibt es an den unsinnigsten Stellen Kreisverkehre, weil die von der EU gefördert werden. Der Verkehr läuft dadurch ziemlich flüssig, allerdings sieht man nie die Wegweiser zum nächsten Ort, weil das Innere des Kreisverkehrs so schön bepflanzt wird wie eine Landesgartenschau. An allen touristischen Attraktionen gibt es ausreichend Parkmöglichkeiten, entweder kostenlos oder für kleines Geld. Die Parkscheinautomaten sind ein Kapitel für sich, man lernt sie aber zu beherrschen.


3. Wohnen
Natürlich gibt es Pensionen und Hotels, aber die meisten Urlauber mieten sich in Ferienhäusern und -appartements ein. Traditionell findet man von Deutschland aus ein gutes Angebot bei Interchalet, die Franzosen nutzen immer noch Gîtes de France gerne. Campingplätze gibt es praktisch überall, gerade entlang der Küste. Die Betreiber sind auch ziemlich flexibel, also kein Vergleich mit Deutschland oder Holland.


4. Essen
Ich will niemandem auf die Füsse treten, aber die bretonische Küche ist nicht unbedingt eine Offenbarung. Viel Salz, viel Butter, schwere Gemüseeintöpfe: sommerlich leicht ist das alles nicht. Auf die Hand gibt es süsse Crépes oder die herzhafte Variante, Galettes genannt. Für Selbstversorger findet sich praktisch überall ein Supermarkt mit Vollsortiment, also auch mit Schreibwaren, Textilien oder Spielzeug. Jeder dieser Märkte verfügt über eine beeindruckende Fischtheke. Für Vegetarier werden sehr wenige Ersatzprodukte aus Soja etc angeboten. Fast alle Märkte haben eine eigene Biomarke. In Lesneven gibt es einen gut sortierten Biosupermarkt mit z.T. aus Deutschland importierten Marken. In den meisten Dörfern findet ein- oder zweimal in der Woche ein Wochenmarkt statt, es lohnt sich, auf die Ankündigungen zu achten. Das Preisniveau ist in Ordnung, manches ist teurer, dafür ist anderes preiswerter.


5. Sprache
Hier wird bretonisches Französisch gesprochen, und das ziemlich schnell. Stellt der Gegenüber fest, dass man nicht die Bohne versteht, spricht er langsam wie zu einem Deppen oder versucht es in Gebärdensprache. Manche Bretonen sprechen Englisch oder ein paar Brocken Deutsch, grundsätzlich sollte man aber Französischkenntnisse haben. Allerdings sind die Leute wahnsinnig freundlich, also nur keine Hemmungen, wenn man sich bei der einen oder anderen Vokabel nicht sicher ist. Das kann sehr lustig sein!


Montag, 14. August 2017

documenta 14

 

Die Bücherakropolis vor dem Fridericianum im Regen

Alle 5 Jahre, Kassel, Kunst über Kunst, 100 Tage und danach so nie wieder: Das ist die Documenta.

Dieses Jahr hatte diese Mega- Ausstellung der modernen Kunst zum ersten Mal zwei Spielorte: Athen und Kassel (der Athener Teil ist mittlerweile geschlossen). Damit wollten die Macher zum einen "von Athen lernen", wie das Motto der Ausstellung lautet, und zum anderen einen Ausblick auf den mediterranen Raum mit seinen Verknüpfungen nach Afrika, dem Nahen Osten und Asien wagen.
Das ist nur teilweise gelungen.

Maske von Beau Dick, Documenta- Halle

Gemälde von El Hady Sy, Ausschnitt

Die griechischen Künstler, die hier vertreten sind, beschäftigen sich sehr häufig mit der Archivierung und Dokumentierung der eigenen Geschichte. Das ist für den Betrachter manchmal interessant und auch sehr lehrreich, wenn man sich die Zeit nimmt; wirklich berühren tut es einen nicht. Insgesamt fand ich es auffallend, dass der analytische Blick der europäischen Künstler auf Flüchtlingsschicksale, auf Vertreibung und Fremdheit irgendwie leblos bleibt. Wenn Kunst aufrütteln, den Finger in die gesellschaftlichen Wunden legen und zu Diskussionen anregen soll, dann scheint sie zur Zeit keine Mittel zu finden, das auch zu erreichen.

Gemälde von Stanley Whitney, Documenta- Halle
Maske von Beau Dick, Documenta- Halle

Aber die Afrikaner: wunderschöne, warme, emotionale Werke gibt es hier zu sehen! Es geht mir nicht nur um die Farbigkeit oder die verwendeten Materialien, der Blick der Künstler erscheint mir einfach unverstellter zu sein. Dabei behandeln sie genauso wichtige Themen wie ihre europäischen Kollegen. Aber ihre Art der Herangehensweise bringt sie dem Betrachter direkt näher. Einfach ansehen und sich inspirieren lassen!

Masken von Beau Dick, Documenta- Halle

Die Documenta- Ausstellungen verteilen sich über die ganze Stadt. Wir (meine beiden Mädels und ich) waren nur einen Tag dort, das reicht wirklich nur für einen kurzen Überblick. In den Kinos und Theater finden begleitende Events statt. Man kann einen Spaziergang mit einem Mitglied des sogenannten "Chores" machen, der mit den Teilnehmern nach Herzenslust über die Exponate diskutiert. Da den Machern der Documenta die Grenzen der Ausstellungskunst durchaus klar sind, gibt es zum Beispiel das Parlament der Körper, in dem sich verschiedene Künstler wie MusikerInnen, SchriftstellerInnen, Kritikerinnen einbringen können, um den Dialog zwischen den Disziplinen aufrecht zu erhalten.

Gemälde von El Hadj Sy, Bildausschitt, Documenta- Halle

Wer Kunst mag, sie vergöttern oder hemmungslos verdammen möchte, der ist hier gut aufgehoben.

Hinkommen: Wir sind mit dem Auto angereist, für uns Tagesausflügler war das die beste Methode. Da die Documenta im Zentrum von Kassel beginnt, kann man einen Parkplatz in den öffentlichen Parkhäusern zu normalen Innenstadttarifen ergattern, es gibt aber am Stadion Zur Aue auch einen P+R- Parkplatz, von dem aus man mit der Straßenbahn in die Stadt kommt. 
Preise: Die Karte für alle Ausstellung kostet für Erwachsene 22,00 Euro, ermäßigt 15,00 Euro. Familienkarten für 50,00 Euro gibt es auch. Das klingt erst einmal teuer, wenn man aber häufiger in Museen geht und die Tarife kennt, erscheint das dann doch fair. Vor den Ausstellungsorten stehen Garderobencontainer, denn Rucksäcke, Schirme und grosse Taschen dürfen nicht mit hinein genommen werden. Das ist ein bißchen umständlich, mir fällt allerdings auch keine bessere Lösung ein (ausser bei trockenem Wetter hinfahren und eine kleine Umhängetasche mitnehmen vielleicht).  
Essen: Es gibt in einigen Ausstellungsorten Caféterien, in den Aussenbereichen stehen Catering- Pavillons mit verschiedendsten Leckereien. Man kann aber auch in die Einkaufsstrasse ausweichen, da findet man Bäcker, Pizzerien und alles andere, was man so kennt.

So, und zum Schluss, damit sich doch der eine oder andere bis zum 17. September überlegt, noch hinzufahren: Das hier ist mein absolutes Lieblingsstück! Das ganze Werk ist bestimmt zehn Meter lang und etwa sechzig Zentimeter hoch. Die Künstlerin Britta Marakatt- Labba erzählt wie auf einem mittelalterlichen Bildteppich die Geschichte ihrer Familie, ihres Landes, der Jahreszeiten... das ist so wunderschön!