Montag, 1. September 2025

Allgäubilderbuch

Oberstdorf, 23.08.- 29.08.2025
 
Radeln

Radeln kann man in und um Oberstdorf ganz hervorragend. Die Wanderwege im Tal sind gleichzeitig Radwege, so dass man nur ganz selten mit Autofahrern in Konflikt kommt. Mit E-Bike und Packtaschen für den Einkauf haben wir mehrere Tage problemlos unser Auto stehen lassen können. Sportlichere kommen mit Gravel Bikes oder Mountain Bikes auf ihre Kosten, wobei man allerdings sagen muss, dass die Gemeinde Oberstdorf dem Naturschutz den Vorzug vor spektakulären Downhill- Strecken gibt. Gelegentlich kreuzen sich Wander- und Radwege mit der ca. 7 km langen Rollerbahn für Fahrer von Inlineskates, Cross-Rollern und Skirollern (so ähnlich wie Skilanglaufen, nur eben mit Rollen). Dabei ist zu beachten, dass die Rollerbahn Vorfahrt hat, was auch richtig so ist, denn die Skiroller sind richtig schnell und haben einen sehr langen Bremsweg.

 
Wandern 

Auch das geht hier ganz wunderbar. Vom leichten Weg, den man mit Kinderwagen oder Rollstuhl bewältigen kann, bis zum Klettersteig gibt es eigentlich alles. Die meisten Wege sind gut befestigt und so ausgeschildert, dass man sich einfach zurechtfinden kann. Die Zeitangaben auf den Schildern sind einigermaßen realistisch. Im Sommer sind die Fellhornbahn und die Nebelhornbahn in Betrieb, so dass auch Ungeübte die Gipfelhöhen geniessen können. Das Nebelhorn ist 2224 m, das Fellhorn 2038 m hoch, sie gehören also nicht zu den höchsten Bergen der Alpen. Wir sind am ersten Tag auf dem Nebelhorn gewesen: die eigentliche Herausforderung für mich war es, Panikattacken in der Gondelbahn zu unterdrücken (ich hab‘s nicht so mit der Höhe).

Wenn deutsche Urlauber Aktivitäten angehen, dann sind sie auf jeden Fall gut ausgerüstet. Auch wenn man eher einen längeren Spaziergang macht als eine mehrtägige Wanderung im hochalpinen Bereich, das Outfit ist in der Regel für jede erdenkliche Naturkatastrophe geeignet. Vom Nebelhorn starten die Paraglider in Tal, was ich ebenfalls niemals tun würde. 

Kultur

Kultur gibt es natürlich, aber deswegen fährt man nicht nach Oberstdorf und Umgebung. In Oberstdorf finden sich drei nebeneinander liegende Wallfahrtskapellen: die Appachkapelle von 1493, die Kapelle Maria Loretto von 1657 und die Josephskapelle 1671. Alle drei sind ganz wundervoll ausgestattet und wirklich sehenswert. Besonders anrührend ist die Mischung aus sakraler Kunst und regionalem Bezug, die in den Votivbildern zum Ausdruck kommt. 

Möchte man noch mehr sehen, lohnt sich auf jeden Fall ein Besuch in Kempten. Außerhalb des Zentrums befindet sich der archäologische Park Cambodunum. Das ist der Name der römischen Ursprungssiedlung, aus der Kempten hervorgegangen ist. Eine Besonderheit ist der gallo-römische Umgangstempel, der sich hier erhalten hat. 

In der Altstadt von Kempten kann man die Residenz und die Basilika St. Lorenz bewundern. Die Residenz war die erste barocke Klosteranlage, die nach dem Dreißigjährigen Krieg gebaut wurde, heute sind die Prunkräume ein Genuss für Menschen mit Freude an Vergoldungen. Die Basilika wird als Pfarrkirche genutzt, auch sie ist wirklich sehr schön anzusehen.

Viehzeug

Kühe könnten hier als Wahrzeichen gelten. Auf den Almen haben im Sommer Kühe das beste aller möglichen Tierleben, sie müssen dafür lediglich Milch abgeben, aus dem verschiedene sehr leckere Käse hergestellt werden. 

Auf dem Fellhorn zum Beispiel hat sich aus einer Sennhütte eine florierende Bergwirtschaft entwickelt, wo man sich im Rahmen seiner Wanderungen mit Produkten aus Eigenherstellung stärken kann. Der Sound der Berge ist ohnehin das Kluhglockengebimmel. In Oberstdorf habe ich nur eine Kuhherde gesehen, die keine Glocken um den Hals, sondern GPS- Tracker an einem Vorderlauf hatten: was für ein Frevel.


 

Kulinarik

Neben dem vielfältigen Käseangebot gibt es natürlich überall Metzgereien mit Heißer Theke, der traditionellen Bezugsquelle für Leberkässemmeln. Für Selbstversorger bekommt man regionales Gemüse im Supermarkt in hervorragender Qualität. 


Bei unserem Besuch in Kempten war Wochenmarkt vor der Residenz: was es da an Obst und Gemüse bekam, trieb uns die Tränen in die Augen! Der Markt war sehr gut besucht, es herrschte eine entspannte Ferienstimmung im Sonnenschein. Viele junge Eltern genossen zum Beispiel ein Picknick auf der Wiese vor der Residenz mit musikalischer Untermalung durch ein Straßenmusikerpaar.

Auch in den vielen Cafés und kleinen Läden in der Altstadt war eine Menge los. Eine beliebte Besonderheit im Allgäu sind Imbisswagen mit Kässpatzn To Go, die in unterschiedlichen Variationen in Pappbechern verkauft werden. In den Wagen haben alle, die dort arbeiten, überall Käsefäden, sie sehen ein bisschen aus wie die Teilnehmer der Fondue- Orgie in „Asterix bei den Schweizern“. 

 

Sofasport

Oberstdorf ist weltweit bekannt als einer der Austragungsorte der Vier-Schanzen-Tournee. Im Sommer finden hier auf den Schanzen unter dem Nebelhorn Sommerspringen statt, die Rollerbahn wird für eine sommerliche Variante des Skilanglaufs benutzt. Ein echte Attraktion die die Heini- Klopfer- Skiflugschanze, die man auch besichtigen kann. Steht man davor, wird einem erst so richtig bewusst, wie wahnsinnig die Sportler tatsächlich sind, die dort herunterspringen. Geplant wurde die Schanze durch Heini Klopfer, der nicht nur selbst Skispringer, sondern auch Architekt war. Ihm gelang 1950 ein Sprung von 107 m, als er die neue Schanze vor ihrer Eröffnung testen wollte. Der aktuelle Schanzenrekord wird von Domen Prevc seit 2022 gehalten: er flog 242,50 m weit. 


 

Undsonstnochso...

Nette Restaurants,

zwei Freibäder (Freibergsee und das Moorschwimmbad),

Outdoorläden an jeder Straßenecke, 

Kurkonzerte (wenn man so etwas mag) 

und sehr nette Menschen.

 



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