Sonntag, 29. Juli 2018

 

Schöne neue Welt

Wenn sich ein Stadtviertel verändert



Wenn der Name Düsseldorf fällt, denkt man an Mode und an ein bisschen falschen Glamour- die Königsallee! An Politik natürlich, weil man ja Landeshauptstadt ist. An die Altstadt als längste Theke der Welt, gerade für Junggesellenabschiede ein Klassiker! An die Kunstakademie- Bernd und Hilla Becher, Gursky und die anderen Fotografen der deutschen Sachlichkeit; oder Lüpertz und Immendorf, die neuen alten Wilden. Die Bands Kraftwerk und die Toten Hosen sind beides Düsseldorfer Ikonen. Was einem nicht unbedingt als erstes in den Sinn kommt, ist das alte Hafengebiet.


Der Düsseldorfer Hafen war immer ein Industriestandort mit Anbindung an die Rheinschiffahrt. Die Wohnungen in der unmittelbaren Nähe bewohnten Menschen, die am Hafen arbeiteten. Aber so nach und nach mussten die Unternehmen im Hafen schliessen, denn wir Mitteleuropäer produzieren ja nichts mehr so kostengünstig selbst, dass wir es auch verkaufen könnten. Mit einem Mal hatte Düsseldorf in unmittelbarer Nähe des Zentrums einen riesigen verwahrlosten Schandfleck. Zur gleichen Zeit boomte die Werbebranche. Also kam man auf die Idee, nach und nach die Industriegebäude durch Büros zu ersetzen. So entstand der Medienhafen Düsseldorf rund um das erste Hafenbecken.


Zwar brach kurz danach die große Blase Werbung ächzend zusammen, aber die Düsseldorfer hatten Glück: Im Medienhafen waren in kurzer Zeit interessante Gebäude mit passender Gastronomie gebaut worden, die größte Attraktion waren und sind die drei Turmgebäude von Frank O. Gehry. Am Wochenende kommen scharenweise Hobbyfotografen nur für den Turm mit der Blechverkleidung. Statt der Belebung durch Menschen, die in den schicken Büros arbeiteten, kamen die Touristen, und das scharenweise. Der Medienhafen brummte so schön, dass sich Investoren für zwei riesige Hotels fanden.
In der Zwischenzeit hatten sich in den kleineren übriggebliebenen Industriegebäuden an den nächsten Hafenbecken Künstler und alternative Eventgastronomie angesiedelt, die ebenfalls ziemlich erfolgreich waren. Leider waren sie nicht finanzstark genug: der Medienhafen machte sich breiter und verdrängte sie. Das erste prominente Opfer war die Strandbar Monkey's Island auf der Landzunge gegenüber des Gehry- Gebäudes. Heute steht dort das Hyatt Regency.


Zur Zeit erlebt die Erweiterung des Medienhafens einen neuen Schub. Das zweite Hafenbecken wird umbaut, wieder mit Bürogebäuden, aber nicht mehr so bekannten Architekten. Dafür sind die Häuser größer. Traditionsreiche Firmen schliessen, ihre Werkshallen werden abgerissen. Heute habe ich gesehen, dass es die Papierfabrik Hermes nicht mehr gibt- als junge Architektin habe ich noch Pläne für die Sanierung einer Halle auf dem Gelände gezeichnet. Offensichtlich ist geplant, das dritte Hafenbecken anzugehen.


Was sich auch verändert hat, ist das Rheinufer an den Hafenbecken. Hier gibt es, man mag es kaum glauben, einen richtigen Sandstrand. Traditionell übernachteten hier im Sommer Leute von Samstag auf Sonntag mit viel Bier und wenig Zelt, das war schon immer so. Jeder Punk, der etwas auf sich hielt, hat sich schon einmal am Sandstrand so richtig die Kante gegeben. Mitunter ging es dabei etwas heftig zu, die Düsseldorfer Obdachlosen hatten eine Zeit lang eine Zeltstadt, an der konnte man nicht vorbei, ohne mit Flaschen beworfen zu werden. Die gibt es auch nicht mehr, da scheint die Stadtverwaltung die Geduld verloren zu haben.


Heute morgen war am Strand eine Yogaschule mit vierzig Teilnehmerinnen und drei Fotografen, die die Yogini beim Sonnengruss im weichen Morgenlicht fotografierten. Ein Beachvolleyballnetz habe ich auch entdeckt. Ich denke nicht, dass die Sylter-Fisch-Gosch-Strandkneipe lange auf sich warten lassen wird. 
Tja, und der Containerhafen? Der letzte Rest davon liegt noch eingebettet zwischen der Erweiterung des Medienhafens und dem öffentlichen Golfplatz an der Lausward, den es allerdings auch schon ewig lange gibt (ausnahmsweise kein Beweis für die fortschreitende Veränderung des Hafens: als der Platz eröffnet wurde, hat hierzulande noch kein Mensch Golf gespielt. Das lag eher an der großen japanischen Kolonie in Düsseldorf, die ihren Sport vermissten.)


Was ich mich allerdings frage: was wird aus den Bürogebäuden, wenn es die Firmen, für die sie errichtet werden, nicht mehr gibt? Und das geht schnell, der erste Bauabschnitt hat schon einen ordentlichen Leerstand. Kommt dann Wohnungsbau für die betuchteren Düsseldorfer? Das alte Wohnviertel am Medienhafen ist nicht nur pickepackevoll, sondern auch rasant teuer. Zum Ausgleich sind die Wohungen ziemlich veraltet. In Köln wird so etwas mit den Brückenhäusern in der Südstadt versucht, allerdings werden die wohl niemals fertig. Kölner mögen das: der Dom ist das beste Beispiel dafür.


Noch ist der Kontrast im Düsseldorfer Hafen zwischen Alt und Neu sichtbar und interessant. Vielleicht bleibt doch noch etwas davon übrig.

Wie man hinkommt: 
Zu Fuß oder mit dem Rad über die erste Fussgängerbrücke an Medienhafen, die mit der dreieckigen Stahlkonstruktion. Mit dem Auto immer Richtung Hamm/ Hafen fahren und nicht in den Medienhafen einbiegen, sondern elegant daran vorbeifahren. Danach muss ein bisschen aufpassen, sich nicht in den Sackgassen an den Hafenbecken zu verfransen. Auf der Bremer Strasse kann man am Wochenende direkt am Rheinstrand parken, da wo die etwas schrottigeren Wohnmobile stehen.




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