Donnerstag, 30. Mai 2019


Roland Garros

 Ein Mal Grand Slam und zurück


(Man könnte einen Teil dieses Postes als Werbung auffassen, wenn man unbedingt will- muss man aber nicht.) 
 
Der beste Ehemann von allen ist nicht nur ein Sportler, er ist die erweiterte Form davon. Er liebt Tennis. Er spielt selber, ist Sportwart in einem winzigen Club, sieht sich Bundesliga- Spiele in Köln, Düsseldorf oder Neuss an, feuert seine Töchter bei ihren Spielen in der untersten Spielklasse das Damen an und sieht Tennismatches im Fernsehen so lange, bis der Flatscreen qualmt.
Als ich letztes Weihnachten wieder einmal vor der Frage stand, was ich ihm schenken sollte, hatte ich eine Eingebung wahrscheinlich göttlichen Ursprungs. Ich bestellte Karten für die French Open in Paris. Jetzt muß man dazu sagen, dass wir im Rheinland wohnen. Paris ist für uns in etwas mehr als fünf Stunden zu erreichen, also kein Vergleich zu London oder New York.


Schon allein Karten besorgen ist ein Abenteuer. Man kann sie vorab in der Regel nur über Ticketservices bestellen, denen man für eine Karte auf den freien Plätzen ungefähr 100 Euro überweist und dann hofft, dass es auch wirklich klappt. Die Plätze in den Stadien, in denen die Stars spielen, sind praktisch unerschwinglich. Etwa eine Woche vor Turnierbeginn bekommt man einen Voucher zugeschickt, den man an dem Tag, den man gebucht hat, im Stadion in eine Eintrittskarte eintauscht. Mit dieser Karte und dem Personalausweis kommt man endlich auf die Plätze. Uff!
Unsere Karten galten für den Eröffnungssonntag, deswegen wollten wir samstags nach Paris fahren, einmal übernachten und Sonntagabend wieder zurück. Erst haben wir überlegt, ein Hotel zu buchen, aber mein GöGa fand zufällig etwas wirklich Geniales:
Das Stadion Roland Garros liegt am Rand des Bois de Bolougne im 16ten arrondisément, und dort gibt es tatsächlich am Ufer der Seine einen Campingplatz. Der ist nicht nur toll gelegen, sondern auch richtig schön. Da ich ja Fuchs bin, reservierte ich einen Stellplatz für Wanda, unseren VW- Bus, weil ich mir dachte, der Platz würde voll werden. Das war aber nicht der Fall.
(Der Campingplatz heißt Camping de Paris und hat eine aussagekräftige Homepage. Ich kann ihn auch für Paris- Sightseeing empfehlen, die Anbindung an den ÖPNV ist hervorragend. Außerdem ist es abends schön ruhig, was nicht übel ist, wenn man den ganzen Tag durch die Stadt gelatscht ist. Zu teuer ist es auch nicht.)


Wir kamen Samstagmittag an, ließen Wanda auf dem Campingplatz und machten uns auf den Weg ins Städtchen. Paris ist schön, laut und voller Menschen. Was mir aufgefallen ist: Es scheint zur Zeit Mode zu sein, sich für Städtereisen in Schale zu werden (s. links unten). Das kann man natürlich machen, aber mir graust es bei der Vorstellung, auf hohen Hacken fünf Stunden herumzustöckeln!
Nach einer geruhsamen Nacht im Bus suchten wir uns einen legalen Parkplatz in der unmittelbaren Nähe von Roland Garros, was ziemlich einfach war. Allerdings waren wir auch früh dran; weil mein GöGa Angst vor endlosen Schlangen am Einlaß hatte. Es hielt sich aber in Grenzen, nach einer halben Stunde waren wir drin.
Die French Open sind einfach gnadenlos gut organisiert. Dafür stellen sie Unmengen an Personal ein: Sicherheitsleute, Reinigungspersonal, Betreuer für alles und jeden. Dazu kommen die Leute, die die Essensstände und die Boutiquen betreuen. Es sah so aus, als ob beinahe die Hälfte der Menschen einen Dauerausweis um den Hals hätte. Apropos Essen: Die Imbisstände sind astronomisch teuer, dafür ist das Angebot grauenhaft. Beinahe alle Besucher schleppten Taschen und Rucksäcke mit mitgebrachten Snacks und Getränken herum. Aus vielen Rucksäcken sah man Baguettes ragen, ich fand das lustig.



Die wahren Helden sind die Schiedsrichter und Balljungen und -mädchen. Es ist unglaublich anstrengend, was sie den ganzen Tag leisten, und nicht jeder Spieler dankt es ihnen. Gerade die Linienrichter bekommen eine Menge Launen ab, und Tennisprofis sind extrem launisch! Es ist zu warm, zu kalt, zu windig, da hinten hat einer gehustet, irgendwie ist der Platz nicht schön und außerdem ist schon wieder die Saite gerissen... Kann ja sein, dass es im wahren Leben richtig nette Menschen sind, aber während eines Matches kommt doch häufig der Mr. Hyde heraus. Der Spieler rechts oben ist Italiener. Er und sein Gegner, ein Spanier, lieferten sich über fünf Stunden ein Duell bis aufs Messer. Ich bin mir sicher, dass der Verlierer überlegt hat, wie teuer so ein Profikiller eigentlich ist, als er auf dem Weg in die Kabine war.
Trotz dieser Zickerei ist es natürlich richtig beeindruckender Sport, den man in Roland Garros zu sehen bekommt. Auf den Nebenplätzen trainieren häufig die Spitzenstars; da ist manchmal mehr los als bei den Matches, wenn Leute spielen, die keiner kennt. Ich habe Wawrinka und Zverev gesehen, die ihre Trainingspartner gnadenlos über den Platz jagten: das kann man schon sehen, warum sie so erfolgreich sind.



Mir hat es Spaß gemacht. Die zwei Tage in Paris waren wahnsinnig anstrengend, trotzdem hat es sich absolut gelohnt. Einen Sonnenbrand im Gesicht hatte ich auch.
Am Montag morgen war dann endlich meine Stunde gekommen, eine Spitzenleistung zu performen: ich bin aufgestanden und pünktlich zur Arbeit erschienen!

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