Dienstag, 31. Dezember 2019


Auf Fortbildung sozusagen



Ich bin gerade wieder auf dem Klassiker- Trip, in der Hoffnung, von den großen Meistern zu lernen. Na ja!

Das hier ist meine Version von "Ludovico Gonzaga im Kreis seiner Familie" von Andrea Mantegna. Das Original ist ein Wandbild in der Größe von etwa 6,00 * 8,00 m und um 1470 entstanden. Es zeigt die Herrscherfamilie Gonzaga von Mantua. Der Herr im rosa Nachthemd ist der Kopf der Familie Domenico. Er lebte davon, seine Untertanen und sich selbst als Söldnerheer zu vermieten, entweder an die Venezianer oder die Mailänder, aber auf jeden Fall immer gegen die Florentiner. Da er im Grunde für seine Zeit ein friedlicher Herrscher war, kam er ganz gut zurecht und konnte sein kleines Herzogtum nicht nur über Wasser halten, sondern auch erstaunlich viel Geld in die Förderung der Künste stecken. Den Maler Andrea Mantegna bekniete er etwa drei Jahre lang, bis der sich endlich zu seinem Hofmaler machen ließ.
Die Frau in der Mitte ist seine Gattin, eine Wittelsbacherin namens Barbara von Brandenburg. Durch die Heirat mit ihr war jede Menge Geld nach Mantua gekommen, das unter anderem dazu verwendet wurde, die Sümpfe rund um die Stadt trockenzulegen. Wenn Domenico "geschäftlich" unterwegs war, führte Barbara das Herzogtum allein. Das hatte ihr der Mann in Schwarz hinter ihr beigebracht, der Hofbibliothekar und Lehrer Vittorino da Feltre. Er zunächst Erzieher von Domenico gewesen, später kümmerte er sich um die Bildung seiner Frau und seiner Kinder. Da Domenicos zweiter Sohn Francesco (links neben ihm) zu Gefräßigkeit neigte, setzte er ihn eisenhart auf Diät und ließ ihn Sport machen, was ein Beweis dafür ist, dass Pädagogen über die Jahrhunderte auch nichts wirklich Neues einfällt. Francesco brachte es immerhin zum Kardinal. Der junge Mann rechts von Vittorino ist der Thronerbe Frederico, der einen Buckel gehabt haben soll, was Mantengna natürlich nicht darstellte. Frederico verbrachte den größten Teil seines kurzen Lebens auf irgendwelchen Schlachtfeldern. Den von seinem Vater geerbten Titel Markgraf trug er nur sechs Jahre lang.
Überhaupt müssen die Gonzagas durch die Bank weg krank gewesen sein. Sie litten an Gicht, Malaria, schwerer Athritis und Rachitis. Die Mädchen ließen sich angeblich nicht verheiraten, weil sie so furchtbar aussahen und in dem Ruf standen, ihre Gebrechen weiterzuvererben. Der Mailänder Gian Galeazzo Sforza lehnte eine Susanna Gonzaga als Gattin ab, weil sich bei ihr eine beginnende Rückratverkrümmung zeigte. Das arme Mädchen mußte ins Kloster. Böse Zungen haben behauptet, die Zwergin in der Mitte des Bildes sei auch eine Tochter Domenicos gewesen; es ist aber wahrscheinlicher, dass sie auf dem Bild war, um den Reichtum der Familie darzustellen, denn der Besitz von Zwergen war zu dieser Zeit sehr en vogue.
Das Fresko Mantegnas befindet sich heute noch im Palast von Mantua, und die Gonzagas sehen alle gesund, reich und stolz darauf aus. 

Kunst muß ja nicht unbedingt die Realität abbilden. 

(Quelle: Rose-Marie & Rainer Hagen, Gesichter der Macht, Taschen 2018)

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