Vom Zauber des Analogen
Als ich vor vielen Jahren (jetzt bitte nicht fragen, seit wie vielen!) ernsthaft mit der Fotografie begann, gab es noch keine digitalen Kameras. Nein, liebe Kinder, diese Zeit habe ich mir nicht ausgedacht, die gab es wirklich! Da ich wenig Geld hatte, konnte ich mir keine der damals aktuellen Spiegelreflexkameras mit Autofokus leisten, ich war auf den Gebrauchtmarkt angewiesen. Meine erste eigene Kamera war eine Canon AE-1 mit Blendenautomatik. Die Wechselobjektive konnte ich mir mit meinem Freund teilen, der auch eine Canon hatte.

Da mir die Blendenautomatik nach einiger Zeit auf den Wecker ging, kratzte ich jeden Pfennig (!) zusammen und legte mir eine Canon F-1 zu, ein ehemaliges Profimodell. Die konnte Zeit- und Blendenautomatik, alles manuell ging sowieso. Mit diesem Schätzchen lernte ich fotografieren. Ich arbeitete hauptsächlich in Schwarzweiß, entwickelte die Filme selbst und machte eigene Abzüge. Das größte, was ich jemals selbst abzog, hatte ein Format von 50*70 cm. Ich mußte den Entwickler in einen Blumenkasten füllen und das Papier ständig darin hin und her rollen, die Wässerung machte ich in der Badwanne. Die F-1 habe ich heute noch.

Obwohl ich natürlich mittlerweile auch digital fotografiere, mag ich das Analoge immer noch. Ich besitze diverse Plastikkameras wie eine Diana F und eine Holga, eine Lomo LC-A; außerdem horte ich alte Fotoapparate, die in diversen Nachlässen auftauchen. Mein ganzer Stolz ist eine Mamiya-Mittelformatkamera, mit der ich richtig klassische Porträts meiner Familie aufgenommen habe. Alle haben eins gemeinsam: keine hat einen regulären Autofokus.
Wenn ich mit ihnen arbeite, dauert es eben einfach länger. Ich plane die Aufnahme anders als ich das mit dem Autofokus tue. Schnappschüsse mache ich entweder gar keine, oder ich nehme das wahrscheinlich Unscharfe bewußt in Kauf. Bei der F-1 weiß ich, dass ich eine Belichtungszeit von länger als 1/80 ohnehin nicht stabil halten kann, ich mich bei schlechten Lichtverhältnissen also vom Traum von knackiger Tiefenschärfe also verabschieden kann.
Dafür kann ich mit tollen Filmen experimentieren. Rotstichig, Türkis oder Violett mit passenden Fehlfarben dazu, körniges Schwarzweiß: einfach super! Diese Effekte sind mit digitaler Bildbearbeitung nicht zu erreichen. Ich zeige hier als Beispiel einen Film von Revolog. Die grünen Punkte sind auf dem Film schon vorhanden, je dunkler das Motiv ist, desto besser sieht man sie. Man weiß allerdings nicht, wo sie auftauchen werden und wie viele Punkte es pro Aufnahme sind. So etwas gibt es auch mit Regenbogen, die über das Foto laufen, oder kleine Elektroblitze in Rot oder Blau! Wie man auf den Bildern vielleicht sieht, versuche ich schon, eine gewisse Schärfe zu erreichen, aber das hat eben seine Grenzen.
Es ist eben eine ganz andere Art zu fotografieren.