Donnerstag, 25. Mai 2017

Mittwoch, 24. Mai 2017


Tagebuch

 

 

Seit einiger Zeit schreibe ich wieder ein Tagebuch. 
Ich meine, ich mache das regelmässig. 
So richtig. 
Also nicht so, wie ich das früher gemacht habe. 

Wildblumen am Strassenrand
Wetter: immer ein Thema


Ich fand irgendwo so ein wunderschönes Buch, schrieb zwei Monate irgendetwas hinein, stellte fest, dass sich mein Leben absolut nicht für eine schriftstellerische Verarbeitung eignet, weil darin nichts Erzählenswertes passiert, und ließ es dann wieder sein. Ich besitze eine erstaunliche Sammlung solcher Fragmente, die ich nicht wegwerfen kann, weil die Bücher so schön sind. 

Wahre Liebe
Aufräumen


Ich wollte auch schon ein Erziehungstagebuch für unseren Hund führen, ein Tagebuch über Genähtes/ Gestricktes und sogar eine Dokumentation über einen Abnehmversuch (da war ein Bikini vorne drauf, als Motivation). Nichts davon brachte ich zur Regelmäßigkeit; bei dem Bikinibuch ist das allerdings auch ein Segen, so kläglich wie das ganze Vorhaben gescheitert ist. Irgendwann ließ ich mich nur noch über sehr körperliche Dinge aus, ganz wie Thomas Mann, in dessen Tagebücher einige ziemlich verstörende Fakten zu seiner Verdauung zu finden sind.

Als meine Kleine Geburtstag hatte

Vor etwa drei Jahren begann ich, jeden Tag eine kleine Zeichnung zu machen. Ich hatte immer gerne gezeichnet oder gemalt, aber im Laufe der Zeit wurde meine Zeit knapper. Weil ich nichts mehr zu Papier brachte, verlor ich den Schwung in meinen Skizzen, und weil die Skizzen nichts taugten, hatte ich auch keine Lust mehr, überhaupt zu skizzieren. Klassischer Teufelskreis, man kennt das ja. Deshalb trat ich mir selbst in den Hintern (bildlich, so gelenkig bin ich natürlich nicht!). Ich setzte mich jeden Tag fünf Minuten an meinen Schreibtisch und zeichnete irgend etwas. Je öfter ich das tat, desto mehr Spass hatte ich daran. Und die Zeichnungen wurden besser!

Homeofficetag

Weil ich meine Motive immer häufiger aus dem Tagesgeschehen nahm und ich gerne ein Skizzenbuch benutze, wurde ganz von allein ein Tagebuch daraus. Mittlerweile versuche ich, für jeden Tag ein Bild zu finden, das genau diesen Tag beschreibt. Irgendetwas Besonderes, das ich gesehen oder gehört habe, was ich erlebt habe oder was mir gut gefallen hat. Ich halte mich ungern mit den negativen Dingen auf, weil ich eher am späten Nachmittag oder Abends schreibe/ zeichne und jedem Tag eine positiven Abschluss geben möchte. Das ist natürlich total naiv, aber was soll's!

Manchmal auch Geräusche...

Seit diesem Jahr besitze ich einen japanischen Taschenkalender, einen Hobonichi in quietschgelb. In Asien und in den Vereinigten Staaten sind sie bekannter als hier. Weil sie dünnes, aber ziemlich wasserresistentes Papier haben, kann man sehr gut mit Aquarell, Finelinern oder Tinte darin arbeiten. Viele Papiere in anderen Tagebüchern sind dafür nur bedingt geeignet, weil die Farben durchschlagen und man dann nur auf der vorderen Seite kreativ sein kann.  Hobonichis werden auch mit Aufklebern, Stempeln und Washi- Tape gestaltet, ein wenig wie Scrapbooks. Ich habe meinen kleinen gelben Hobonichi via Internet in Japan bestellt: mein Mann hatte wieder ein Abrechnung in Yen auf seiner Kreditkarte. Über so etwas kann er sich immer so herrlich aufregen. Leider bekommt man diese Kalender in Deutschland schwer, weil sie nur in homöopathischen Dosen importiert werden. Und: sie sind unangemessen teuer, selbst wenn man die Versandkosten nicht berücksichtigt.

Womit ich arbeite
Bastelkram


Ich habe hier einmal ein paar Seiten meines Hobonichi vorgestellt, damit man sich ein Bild machen kann, was ich da so festhalte. Mir machen die regelmässigen Einträge darin Freude, ich verwende auch manchmal kleine Instaxfotos (sind hier jetzt nicht zu sehen). Wenn mir eine Seite besonders gut gefällt, poste ich sie auf Instagram. Da sind auch viele schöne Beispiele anderer Kalender zu finden, wenn man # hobonichi eingibt.

Vor allem freue ich mich, dass das Zeichnen wieder zu meinem Leben gehört. 
Wäre schade drum gewesen!

Fotografie

Skizzieren

 Kalender: Hobonichi Techo



Dienstag, 9. Mai 2017

Urbansketching

Hotel Trafohaus,

Solingen- Gräfrath

 


Der Frühling lässt zwar immer noch ein wenig auf sich warten, aber 15 Grad in der Sonne heute nachmittag reichen völlig aus, um sich die Zeit, in der meine beiden Mädels Tennistraining haben, für eine kleine Skizze zu nutzen. Gräfrath ist ein Bilderbuchstadtteil von Solingen: hier gibt es Fachwerk, grüne Schlagläden und Kopfsteinpflaster satt. Die meisten Häuser werden von ihren Bewohnern liebevoll gehegt und gepflegt. Das tut dem Stadtteil gut, denn damit verkommt er nicht zum unbelebten Musuemsviertel.
Das hier ist das ehemalige Trafohaus. Gräfrath wurde erst 1901 an die Stromversorgung Solingens angeschlossen, der Transformatorenturm stammt aus der Mitte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Nachdem er nicht mehr benötigt wurde, übernahm ihn zunächst der Gräfrather Heimatverein. 1990 ging er in Privatbesitz über und wurde zum Wohnturm. Heute kann man ihn unter dem Namen "Hotel Trafohaus"  als Ferienwohnung mieten. Da er direkt an der Klostermauer und damit im Herzen des historischen Stadtkerns liegt, kann ich mir das sogar recht romantisch vorstellen.
Mir gefällt die an den Jugendstil der Wiener Sezession angelehnte Architektur. Wer würde heute schon ein so hübsches Nutzgebäude bauen? 

Freitag, 28. April 2017

Sylt: Besser als sein Ruf

Eine Hommage 

 

Das Glitzern des Wasser am Ellenbogen/ List

Vor ein paar Wochen hatte ich das Gefühl, vollkommen erschöpft zu sein. Ich war eigentlich dauernd müde und schlecht gelaunt. Wenn ich etwas Zeit für mich hatte, hing ich nur noch vor dem Fernseher oder vor dem Laptop herum und starrte vor mich hin. Zu etwas anderem hatte ich keine Lust. Ich wollte in den Osterferien eigentlich mit meinen erlebnishungrigen Mädels nach Paris, doch schon allein der Gedanke, was ich alles zu organisieren hätte, überforderte mich total. Also beschloss ich, den Plan zu ändern. Ich suchte für meine Familie, den Hund und mich etwas am Meer. Erfahrungsgemäß hilft es mir immer, aufs Wasser zu gucken und mir den Wind um die Ohren pfeifen zu lassen. "Das Blöd aus dem Kopf pusten", nenne ich das. Erstaunlicherweise war das Erste und auch das Preiswerteste, was ich fand, ausgerechnet auf Sylt. 

Knallharter Imagetest

Ich muss hier bestimmt nicht auf das Bild eingehen, dass die Ärzte in ihrem Lied "Westerland" von Sylt zeichnen. So leid es mir tut, zum Teil stimmt es. 
Mir ist zum Beispiel ein Rätsel, warum ca. siebzig Prozent der Autos dort schwarze SUVs sind. Die Insel ist platt wie eine Flunder, das Strassennetz ist wirklich gut, um Ostern herum muss man nicht mit Schnee und Glatteis rechnen und mit dem Auto an den Strand wie in St.-Peter-Ording darf man auch nicht. Warum also fährt der Großteil der Besucher mit riesigen, teuren, spritschluckenden Allradfahrzeugen herum? Der Autoreisezug sieht an den Wochenenden aus, als ob ein namhafter deutscher Autohersteller hundert Mal das gleiche Modell ausliefert. 

Manche finden hier die ewige Liebe

Die Markentreue mancher Urlauber kann richtiggehend rührende Ausmaße annehmen. Am Strand in Rantum gibt es zwei Parkplätze. Einer befindet sich vor dem Aufgang zur "Sansibar" (mit Mercedes- Shuttle- Dienst!), der ist bewacht und kostet 3,00 €. Dreihundert Meter weiter auf dem zweiten Parkplatz ist das Parken umsonst. Der Parkplatz vor der "Sansibar" ist brechend voll, der andere wird gemieden, als ob dort Cholerabakterien gefunden worden wären.

Inselshopping

 

Die Shoppingmeile der Insel gibt es in Westerland und ist von meinen Mädels getestet und für "spießig" befunden worden. Es gibt wenig, was sie sich selbst leisten könnten; das meiste ist eigentlich für ältere Herrschaften mit gefüllter Brieftasche gedacht. Meine Kleinere wollte unbedingt zu Tommy Hilfinger und war maßlos enttäuscht, wie langweilig/ konservativ die Kleidung dort war. Die Größere nannte das "Klamotten für CDU- Wähler". Also, richtig jung und hip ist Sylt hier wirklich nicht.

Leuchtend Gelb, strahlend Blau

Kulinarisch ist es meistens entweder teuer oder einfallslos- im ungünstigsten Fall beides. Kein Wunder also, daß die Fischkette "Gosch" wie verrückt boomt. Hier ist das Essen o.k. und bezahlbar, für uns aber leider nicht geeignet, weil wir eine Vegetarierin dabei haben. Wenn man selbst kocht, findet man allerdings ein paar tolle Hofläden in der Gegend um Morsum herum, wo man selbst angebautes Gemüse, frische Eier und Fleisch aus einer eigenen Schlachterei kaufen kann. Auch zu empfehlen ist "Feinkost Meyer" in Wennigstedt. Hier gibt es so richtig unsinnige Lebensmittel für viel Geld entdecken, die zum Beispiel meinem gerne kochenden Mann viel Spaß gemacht haben (ich sage nur: Trüffelchips, frischer Granatapfelsaft und knallblauer Weißwein). Ist man ein bißchen schmerzfrei, was die Preise angeht, sollte man die Joghurts und Puddings aus Sylter Eigenproduktion versuchen: einfach nur süchtigmachend lecker!

Hochwasserschutzreste, Ellenbogen/ List

Die Nerdempfehlung 

Der tollste Laden auf der ganzen Insel findet sich in Keitum: die "Büchertruhe". Das ist eine kleine Buchhandlung, vollgestopft mit Literatur. Ich meine das wörtlich: hier werden keine Bestseller vom Stapel verkauft, hier gibt es für Leser noch richtig was zu stöbern. Man kann bei der Belletristik Bände aus der Manesse- Bibliothek sichten, es gibt von Thomas Mann nicht nur die "Buddenbrooks", das Regal mit Geschichtsbüchern nimmt eine ganze Wand ein. Geleitet wird die Buchhandlung von einer winzigen alten Dame mit klassischem Pagenschnitt und Tweedkostüm, die dem Augenschein nach jedes Buch gelesen hat, das je in Deutschland erschienen ist. Mit der Kasse kann sie nur bedingt umgehen, das übernimmt eine jüngere Mitarbeiterin. Als wir da waren, entspann sich eine wüste Diskussion unter den Besuchern darüber, ob Siri Hustved ihre Bücher wirklich ganz allein schreibt oder ob ihr Mann Paul Auster ihr dabei hilft. 
So eine Buchhandlung muss man besucht haben, bevor sie endgültig aussterben!

Steintürmchen am Morsumer Kliff

 

Und was ist nun mit dem "Aus-dem-Kopf-zu-pustenden-Blöd"?

 

Dafür findet man hier das, weshalb jeder einmal da gewesen sein sollte. Meiner persönlichen Meinung nach gibt es auf Sylt die schönsten Strände Deutschlands. Kilometerweise weiter weißer Sand, richtiges blaues Meer mit wunderbaren Wellen, Wind und Sonne, Sonne und Wind! Es ist fanatstisch! Eine Woche lang hatte ich praktisch keine Frisur, der Wind läßt einen schönen, egalitären Wuschellook entstehen, außer es wird eine Mütze darübergestülpt. 
Schon am ersten Tag merkt man, dass die dummen Knoten im Kopf sich lösen. 
Man sollte sich auch die Naturschutzgebiete in den Dünen am Ellenbogen bei List und am Morsumer Kliff nicht entgehen lassen. Mit etwas Glück paddelt eine Kegelrobbe direkt am Meeresrand vorbei, man traut seinen Augen kaum. Für passionierte "Sachensucher" wie Pippi Langstrumpf gibt es ausreichend Gelegenheit, seine Taschen mit Muscheln, Steinchen und anderem Strandgut zu füllen. Am besten erkundet man Sylt mit dem Fahrrad, mit dem Auto geht es aber auch, wenn man so wie wir einen lauffaulen Hund dabei hat, der partout nicht einsehen will, weshalb er den ganzen Tag stumpf neben dem Rudel hertraben soll. Im Kofferraum auf der weichen Decke läßt es sich doch prima dösen zwischen den Strandbesuchen. Sylt ist übrigens wirklich hundefreundlich. Hier herrscht die Einstellung: wenn man so viel Strand hat wie hier, kann man auch großzügiger sein. Leben und leben lassen, sozusagen.


Reet, wohin man schaut

 

Soll man sich das antun? 

Auf jeden Fall!
Sucht Euch eine bezahlbare Unterkunft (richtig preiswert gibt es nicht), 
meidet die sogenannten "Hotspots", 
wendet Eure Augen von den abscheulichen Hochhäusern in Westerland und den albernen Reetdach- Schlumpfhäusern mit Tiefgarage in Kampen ab, 
geht an einen ein bißchen abseits gelegenen Strandabschnitt, 
werft Euch in den Sand und 
laßt nur für Euch die Sonne am Horizont über dem Meer untergehen: 

Ihr werdet Sylt wirklich lieben lernen!


Dienstag, 11. April 2017

Das Kleid, das ich einer Todsünde verdanke

 

Das sieht erstmal harmlos aus, aber...

 

Keine Angst, so schlimm wie es klingt, wird es nicht: ich habe einfach nur nach einem schmissigen Titel gesucht.

Da es ja so langsam wieder sonnig warm wird, habe ich in meinem Kleiderschrank die Sachen für die schönen Tage von hinten nach vorne geräumt. Dabei bin ich auf dieses Kleid gestossen, das allein für sich gesehen nicht besonders spektakulär ist, aber eine schöne Geschichte hat. Und die geht so:
Im letzten Sommer fand im Nachbarstädtchen ein Stoffmarkt statt. Eigentlich war es viel zu warm, um sich ins Getümmel der Nähbegeisterten zu stürzen, und außerdem war Sonntag... Gegen Mittag wurde es mir im Liegestuhl zu langweilig. Da ich keine Lust hatte, alleine zu fahren, lockte ich meinen Mann damit, dass ich einer Fahrradtour (hasse ich generell mehr als Warzen!) zustimmen würde, wenn ich ein Stoffmarktintermezzo einlegen dürfte. Kompromisse sind ja das Salz jeder Beziehung, daher machten wir uns auf den Weg.
Natürlich raste der Meinige wie ein antibiotikaabgefüllter Tour-de-France-Teilnehmer über unzählige vollkommen überflüssige Umwege Richtung Nachbarstädtchen, während ich mit meinem Nostalgieveloziped schnaufend hinterher strampelte, aber irgendwann hatte ich es überstanden und wir waren am Ziel. Der Stoffmarkt war erstaunlich leer, ich konnte tatsächlich ungestört herumsuchen. An einem Stand aus Holland sah ich bei den Kinderstoffballen ganz unten etwas Türkises. Interessiert pirschte ich näher. Gerade als ich die Hand ausstrecken wollte, um an dem Stoff herumzuzupfen, schnappte eine Frau neben mir zu. Sie zog an dem Ballen wie eine Amsel an einem bockigen Regenwurm. Tja, und ist es zu fassen: just diesen Moment wählte der Meinige, um den Gentleman zu geben! Er half der Frau, den Stoffballen mit dem Stoff, der nicht nur Türkis, sondern auch voller pinker Flamingos war, herauszuziehen.

Flamingos mit falschem Untergrund

Es blieb mir also nichts anderes übrig, als abzuwarten, was diese Andere mit dem Stoff anfangen würde. Natürlich guckte ich mich unauffällig um, aber es war der einzige Ballen mit diesem Muster. Ich hätte in irgendeinen x-beliebigen Jersey beißen können. Die Andere lief noch ein bißchen auf und ab, den Stoffballen unter dem Arm, während ich mir ausmalte, was ich aus diesem wunderbaren Flamingojersey machen würde, wenn ich ihn nur endlich in die Finger kriegen könnte. Und dann geschah es: Sie kaufte den ganzen gottverdammten Stoffballen!
Gemütszustand
Ich glaube, ich hatte selten an einem so sonnigen Tag solche Gewaltfantasien. In mir blubberte der Neid hoch wie ein Vanillepudding kurz vor dem Überkochen. Das ist übrigens eine der sieben Todsünden, Theologen nennen diese Invidia. Ich wollte schon den Rückzug antreten, da entdeckte ich den Flamingostoff noch einmal. Leider war der Hintergrund nicht türkis, sondern hellgrün. In einer echten Kurzschlusshandlung raffte ich den Ballen an mich und marschierte zur Standinhaberin. Ich wollte 1,70 m bis 2,00 m, das paßt eigentlich immer. Die Verkäuferin rollte den Stoff ab, maß nach und verkündete: "Das sind nur noch 1,40 m!" Ich war mittlerweile so dermaßen nicht mehr zurechnungsfähig, dass ich 1,40 m von einem Stoff kaufte, den ich eigentlich gar nicht haben wollte. Aber ich hatte jetzt Flamingos, so wie die Andere!
Breughel: Invidia
Auf die vorsichtige Frage des Meinigen, was ich denn damit machen wolle, konnte ich keine Antwort mehr geben. Ich nuschelte "Leggings!", und mein Mann, der mich lang genug kennt, um meinen Ausnahmezustand zu registrieren, war klug genug, nicht weiter zu bohren. Natürlich wollte ich keine Leggings nähen. Ich trage keine bunten Beinkleider, dafür habe ich gute Gründe. Vor ein paar Jahren waren Leggings mit Muster schon einmal der Hit. Ich hatte mich so in ein Modell mit der Andy- Warhol- Marylin verliebt, dass ich bereit war, sie trotz des exorbitanten Preises, der dafür aufgerufen wurde, kaufen zu wollen. Doch die Anprobe war eine einzige Ernüchterung: bis kurz unter dem Knie sah Marilyn super aus, aber danach mutierte sie durch die Querdehnung des Stoffes, bis sie am Oberschenkel aussah wie Mao-Tse-Tung. Diese Erfahrung wollte ich mir natürlich bei den Flamingos ersparen.
So sieht das Tier ungedehnt aus...

...und so wäre die Oberschenkelsituation!

Infolgedessen wanderte der Stoff zunächst ins Fehlkaufregal. Drei bis vier Wochen vergingen, bis ich an einem Sonntag mal wieder Langeweile hatte. Irgendwie kratzte es mich, aus den Flamingos etwas zu machen. Plötzlich hatte ich eine Erleuchtung: Die Angabe zur Stoffmenge sind bei Rosa Pe immer recht üppig! Da könnte doch was gehen! Ich legte die Schnitteile so sparsam wie möglich auf meine 1,40 m Jersey. Voilà, es klappte. Ich konnte zwar nur kurze Ärmel machen, das fand ich aber für ein Sommerkleidchen ganz angemessen. Es gelang mir sogar, den Ausschnitt hochziehen, was ich immer gerne mag.

Kurze Ärmel= Sommermodell
Da ich diesen Schnitt schon zwei Mal genäht hatte, waren keine Überraschungen zu erwarten. Ich wußte, dass es passen würde, wenn der Stoff reichte. Die einzige echte Schwierigkeit hier sind die Brustabnäher. Wenn man da etwas zu übereifrig zu Werke geht oder das Material zu dick ist, entstehen Jayne- Mansfield- artige Spitzen. Alles andere ist einfach und gut durchdacht.  Weil ich kleiner Pfennigfuchser immer diese wunderbaren preiswerten dicken Garnrollen in allen möglichen Farben beim Stoffhändler meines Vertrauens erhamstere, hatte ich sogar das richtige Material daheim. Alles lief wie am Schnürchen, das Kleid war ratzfatz fertig.

Das hatte ich mir so was von verdient!

In der leidenschaftslosen Nachbetrachtung bleibt es dabei: Ich mag mein Kleid! Wenn ich wetterbedingt ein bißchen Farbe im Gesicht habe, steht mir das Grün ganz gut; im Winter bin ich zu blaß dafür. Die Flamingos und der dünne Jersey machen ohnehin ein Schönwetterkleid daraus.

 Da soll mal einer sagen, dass man immer für seine Sünden bestraft wird!

Ich geh jetzt Gemüse auf dem Markt kaufen!
Stoff: Mühsam auf dem Stoffmarkt erkämpft